GOE | Appartments An der Lutter in Göttingen-Wende
„Göttingen, Stadt die Wissen Schafft“ lautet der Claim, mit dem sich die Stadt international präsentiert. Sie ist in besonderem Maß durch Bildung und Forschung geprägt und trägt dementsprechend die Bezeichnung Universitätsstadt.
Bei 130.144 Einwohnnern studieren ca. 29.000 Studierende an drei Hochschulen-der Georg-August-Universität, der HAWK (Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst) und der PFH Private Hochschule Göttingen-und machen somit ca. 22% an der Stadtbevölkerung aus.
Zudem sind vier Max-Planck-institute in Göttingen angesiedelt. Inzwischen 45 Nobelpreisträger kamen aus der tadt beziehungsweise haben dort gewirkt- man spricht vom Göttinger Nobelpreiswunder.
Die Studierendenzahlen sind in en letzten Jahren deutlich gestiegen. Die Nachfrage nach bezahlbaren kleinen Wohnungen hat stark zugenommen. Es wird eine Verdrängung finanzschwächerer Bevölkerungskreise durch die Studierendennachfrage befürchtet.
Die Wohnungsversorgung war ein bestimmendes Thema der Bürgermeisterwahl im Mai 2014. Das Rathaus sieht die Verbesserung der Wohnungsversorgung als zentrale Aufgabe.
Die 1891 gegründete Wohnungsgenossenschaft eG Göttingen ist das älteste Wohnungsunternehmen in der Stadt.In mehr als 120 Jahren hat die über 4.500Wohnungen in rund 660 Häusern gebaut.
Sie versteht ihre Aufgabe in der Besserung der Wohnverhältnisse in Göttingen, insbesoondere durch Bau, Erwerb und Verwaltung von Wohnhäusern zur Vermietung an Mitglieder. Im Vordergrung steht die gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung.
Mit den „Appartments An der Lutter“ möchte sie einen Beitrag zur Versorgung insbesondere von Studierenden aber auch weitere Gruppen mit Kleinwohnungen bei vertretbarer Mietbelastung leisten.
Im Zuge des Aubaus des Radwegenetzes der Stadt Göttingen, in Teilenals erster bundesdeutscher in nerstädtischer eRadschnellweg liegt ein Fokus der Wohnungsgenossenschaft auch auf der Versorgung der zukünftigen Nutzer mit den notwendigen Stellplätzen für Fahrräder und eBikes.
Das Wettbewerbsgebiet befindet sich in Göttingen-Wende, nördlich der Göttinger Altstadt an der B27 „An der Lutter“. Die Standorte der Georg-August-Wilhelm-Universität liegen ca. 650m bis 1.700m entfernt. Auf dem Grundstück sind heute Stellplätze in eingeschossigen Garagen und im Freien angeordnet. Wie auch die westlich und südlich angrenzenden Wohnungsbauten befindet sich dieses Grundstück im Besitz der Wohnungsgenossenschaft Göttingen. Nördlich liegt eine West-Ost-Hauptverkehrsader Göttingens, die stark befahrene B27. Östlich wurde ca. 2006 ein Nahversorgungszentrum errichtet.
Mit diesem Wettbewerb möchte dei Wohnungsgenossenschaft eG Göttingen herausragende Entwürfe zur Realisierung von bis 178 Appartments für Studierende und Wissenschaftler, sowie von zugehörigen PKW- und Fahrrad-Stellplätzen und weiteren Gemeischafts- und Serviceflächen erlangen.
Die Wohnungsgenossenschaft eG Göttingen möchte mit diesem Projekt einen neuen Standard hochwertiger urbaner Wohnungen mit integrierten Mobilitätsoptionen erreichen. Es werden attraktive Antworten auf die Anforderungen mobiler und medial vernetzter Nutzergruppen gesucht. Die Anlage soll eine anregende Atmosphäre mit Angeboten zur Kommunikation und Aufenthalt bieten. Es wird eine herausragende Lösung erwartet, die bei der anzunehmenden hohen Fluktuation der Nutzer für die Zeit des Wohnens in der Anlage ein Gefühl der Identität mit dem Ort, ja, vielleicht ein Gefühl der Heimat bieten kann. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Frage integrierter Mobilitätsangebote durch Car- und eBike-Sharing. Die Studierendenstadt Göttingen ist eine Fahrradstadt. Alle Stadtteile sind leicht mit dem Rad zu erreichen. Durch bereit gestellte eBikes und entsprechende Ladestationen soll dieser Trend unterstützt und um Carsharing-Angebote zu einem ganzheitlichen Mobilitätskonzept ergänzt werden.
Mit der Baumaßnahme soll auch ein Beitrag zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität für die angrenzenden Wohnsiedlungen, durch eine abschottende Wirkung gegen die Emissionen der nördlich angrenzenden Bundesstraße, geleistet werden.
Mit einem offenen anonymen 2-phasigen Realisierungswettbewerb nach RPW 2013 möchte die Wohnungsgenossenschaft mit großer Offenheit alle interessierten Architektinnen und Architekten motivieren und ihnen die Möglichkeit bieten, sich in der ersten Phase anhand von grundsätzlichen konzeptionellen Vorschlägen zur Teilnahme an der zweiten Phase mit bis zu 15 Teilnehmern zu qualifizieren. Aus den detaillierten Beiträgen der zweiten Phase werden drei Preisträger ermittelt.
Die Wohnungsgenossenschaft beabsichtigt einen der Preisträger – bevorzugt den ersten – mit der weiteren Planung zu beauftragen und strebt einen Baubeginn im Jahr 2015 an.
Teilnehmende
- Freier Architekt Sandro Pino Cicatello, Ludwigshafen
- Gerber Architekten GmbH, Dortmund
- Heinle Wischer und Partner Freie Architekten, Dresden
- Heitzenröder Architekten, Hanau
- Kaiser + Ney Architekten, Darmstadt
- larob. studio für architektur, Freiburg
- limbrock tubbesing – architekten und stadtplaner PartG mbB, Hamburg
- res:a & DK Architekten, Berlin
- Schmitz Architekten GmbH, Köln
- Uwe Schröder Architekten, Bonn
- Wienstroer Architekten Stadtplaner, Neuss
- WIR Architekten, Bochum
- Worschech Architekten Planungsgesellschaft mbh, Erfurt
Preisgericht
Fachpreisrichter:innen
Sachpreisrichter:innen
Ständig anwesende stellvertretende Fachpreisrichter:innen
Stellvertretende Sachpreisrichter:innen
Projekt-Ergebnisse
↑1. Preis
1. Preis: Gerber Architekten GmbH, Dortmund
Die Arbeit 2001 zeigt eine gute Umsetzung maximal vieler Anforderungen der Auslobung. Die städ- tebauliche Struktur gliedert sich gut proportioniert in drei Hofgebäude und ein Kopfgebäude. Das Kopfgebäude markiert eine städtebauliche Dominante an der Kreuzung als Quartierseingang. Das westliche Ende des Baukörpers passt sich leicht der Nachbarschaft an. Die Erschließung des Gebäu- des mit insgesamt vier Kernen erscheint wirtschaftlich. Der nördliche Zugang in das Kopfgebäude wird hinterfragt. Die Barrierefreiheit längs ist im Außenraum nicht durchgehend gelöst.
Die GFZ wird überschritten und ist in der weiteren Planung entsprechend anzupassen. Der Über- gang von den öffentlichen Bereichen der Straßen hin zu den privaten Höfen wurde gut gelöst. Die Tiefgaragenzufahrt in direkter Nähe zur Nachbarbebauung wird kritisch gesehen und muss in ihrer Lage überarbeitet werden.
Die Südfassade des Gebäudes entspricht in ihrer Ausformulierung / Gestaltung der Erwartung an eine zeitgemäße Wohnbebauung. Die Nordfassade dagegen wendet sich von diesem Gestaltungs- prinzip ab und riskiert eher als„bewohnte“ Lärmschutzwand wirken zu können. Auch die vorge- schlagenen Maßnahmen zur akustischen Absorption erscheinen im Bereich der Loggien nicht kon- sequent. Eine Überarbeitung dieser Fassade wird empfohlen.
Bis auf die Appartements im Kopfbau nach Osten – hier müsste nachgebessert werden – sind alle Appartements konsequent vom Lärm abgewandt. Es entstehen gut proportionierte Wohngruppen / Nachbarschaften und attraktive Flurabschnitte mit den allgemein zu nutzen Funktionen. Die Grundrisse in den Apartments sind gut organisiert und zeigen in Kombination eine attraktive Vielfalt. Der Brandüberschlag über Eck muss ebenso gelöst werden, wie der Lärmschutz im Osten.
Insgesamt zeigt der Verfasser ein städtebaulich, architektonisch und funktionales sehr gutes und in sich schlüssiges Gesamtkonzept, das in einzelnen Punkten zu überarbeiten ist.
↑3. Preis
3. Preis: Kaiser + Ney Architekten, Darmstadt
Der Entwurf orientiert sich in der Einfachheit seiner Formensprache, seines Habitus und seiner Materialität an der näheren Umgebung und fügt sich in diese ein. Der Charakter des Gebäudes wirft die Frage auf, inwieweit damit eine Antwort auf die heutigen Erwartungen an Architektur gegeben werden kann. Der Baukörper stellt einen Abschluss zu dem südlichen Wohnbaubestand dar und erfüllt seine Funktion als Schallschutz für die auch südlich liegenden Gebäude. Die Kammform ist gleichmäßig und symmetrisch ausgebildet und schafft Freiflächen von guter Qualität. Durch einen zentralen Eingangsbereich schafft die Gebäudestruktur eine Aufenthaltsqualität.
Die Appartementgrundrisse sind überwiegend funktional und variantenreich und können ein individuelles Wohngefühl bieten. Die Grundrisse ermöglichen die Schaffung auch größerer Wohneinheiten. Die Belichtung der Appartements an den Innenecken ist konzeptbedingt nicht ideal und bietet geringe Wohnqualität. Die Abstände der Öffnungen der Appartements über eck sind zu klein und müssen grundsätzlich überarbeitet werden.
Die verkehrliche Erschließung, trägt dem Komfortbedürfnis der zukünftigen Bewohner Rechnung, indem Fahrradstellplätze in der Tiefgarage direkt den vertikalen Erschließungskernen zugeordnet sind.
Dadurch, dass sich der Entwurf in seiner Einfachheit der Umgebung anpasst, setzt er sich dem Vorwurf aus, monoton und langweilig zu sein. Der symmetrische Baukörper bietet weder im Westen noch im Osten den geforderten räumlichen Abschluss für die städtebauliche Situation. Die Ecksituation an der Ostseite bedarf einer grundsätzlichen Überarbeitung.
Die für den Schallschutz vorgesehenen Klinkerlochsteine und die offenen Laubengänge sind gut in der Gebäudegestaltung integriert, der Laubengang muss aus Gründen des Brand- und Schallschutzes grundsätzlich überarbeitet werden.
3. Preis: larob. studio für architektur, Freiburg
Mit eine klaren Erschließungsstruktur um 3 nach Süden orientierte Höfe wird ein kosteneffizienter Baukörper entlang der Straße an der Lutter formuliert.
Die Erschließungshöfe wechseln sich mit 2 begrünten und eher intimen Höfen ab, zu denen sich der Großteil der Appartements orientiert – eine angemessene Lösung. Das die Laubengänge von der B27 abgeschottet liegen, können sie offen gehalten werden. Sie sind ausreichend breit um auch Qualitäten von Balkonen bieten zu können. Die belichteten und natürlich belüfteten Küchen wer- den begrüßt. Ebenso die Lage der Fahrradabstellräume, die im Erdgeschoss den Eingängen zuge- ordnet sind.
Der Entwurf zeigt sich reduziert, er wird teilweise als monoton empfunden. Das puristische Konzept lässt wenig Anpassungspotenzial an Änderungswünsche des Auslobers erkennen. Die Ansicht zur Straße an der Lutter bietet kein Bild eines Wohngebäudes. Die Fassade steht für manche eher für ein technisches Funktionsgebäude – weder für den Ort noch für die Aufgabe angemessen.
Die Zugänge von der B27 sind ausdrücklich nicht gewünscht und sind wegen des Verkehrslärms nicht funktional. Die Tiefgaragenzufahrt von Osten widerspricht der gegebenen Topografie.
Insbesondere in den deutlich zu schmalen Appartements wird ein erheblicher Mangel erkannt, der konzeptionell zwingend ist und keine Nachbesserungsmöglichkeiten erkennen lässt. Die Fensterele- mente zur B27 der Verbindungsbauten zwischen den Wohngebäuden sind zu kleinteilig und bieten nicht den geforderten Schutz gegen Reflexionsschall in die nördlich angrenzenden Wohngebiete.