HAK | Henschel Areal Kassel
1871 wurde das Henschel Werk Rothenditmold als eines von drei großen Werken des Maschinen- und Werkzeugherstellers Henschel & Sohn in Kassel errichtet, bis in die 1970er stetig ausgebaut und um Hallen und Verwaltungsgebäude ergänzt. Von 1873 bis 1996 wurden im Werk Rothenditmold zunächst Lokomotivteile, später auch Werkzeugmaschinen, Teile für den Nutzfahrzeugbau sowie Rüstungsgüter produziert. Seit Aufgabe des Werksgeländes Mitte der 1990er Jahre wird das Areal heute überwiegend als Lagerfläche und von Kunst-, Medien- und Kulturschaffenden sowie Sportler:innen (Skateboarder:innen) genutzt. Zudem sind am Standort das Henschel-Museum und das Technik-Museum Kassel angesiedelt. Die derzeitigen Nutzungen erlauben aus wirtschaftlicher Sicht keine dauerhafte Sicherung des denkmalgeschützten Bestands – für einen Erhalt des Denkmals ist eine Entwicklung des Areals mit neuen Nutzungen im Bestand und Neubauten notwendig.
In Zusammenarbeit mit der Stadt Kassel, hier federführend das Amt für Stadtplanung, Bauaufsicht und Denkmalschutz, führte die Grundstückseigentümerin deshalb von August bis November 2023 ein Workshopverfahren (https://www.henschel-areal.de) als Bestandteil einer „Offenen Projektentwicklung“ für die Ideenfindung der Grundlagen eines neuen Stadtquartiers durch. Aufbauend auf den Ergebnissen des Workshopverfahrens wurde die vorliegende Aufgabenstellung erarbeitet.
Mit dem Erhalt und der Umnutzung des denkmalgeschützten Bestands der ehemaligen Henschel Werke und der nachhaltigen baulichen Verdichtung auf dem rund 10 Hektar großen Industrieareal im Zentrum Kassels sollen ca. 125.000 – 180.000 qm BGF entstehen – wobei der Nutzungsmix im Laufe des Verfahrens entwurfsabhängig definiert werden soll. . Die historische Identität des Henschel Areals soll mit bestehenden und neuen Nutzungen in Einklang gebracht und anhand von modularen Flächen lokales Gewerbe, Wohnen, Nahversorgung, Kinderbetreuung, Bildung, Kunst und Kultur als eine attraktive und inklusive Wohn-, Lebens- und Arbeitsumgebung entwickelt werden.
Die Grundidee für die städtebauliche Mehrfachbeauftragung ist, dass neben dem geringen Rücklauf der modernen Gebäude aus den 1970er Jahren in den übrigen Fällen durch die verschiedenen Architekturbüros entschieden werden soll, wie mithilfe von modernem, experimentellem Städtebau die historischen Bauwerke durch Verdichtung und architektonische Intervention künftig weiterhin zur Geltung gebracht werden können – unter Wahrung der besonders prägenden Gebäude / Bauteile.
Ziel ist es, eine wirtschaftliche und nachhaltige städtebauliche Entwicklung des Henschel Areals zu ermöglichen, die den Standort unter stadtplanerischen, denk- malfachlichen, baukulturellen, architektonischen, verkehrlichen, freiraumbezogenen sowie ökologischen Aspekten über die Grundstücksgrenzen hinaus verbessern soll. Es sind für den Standort angemessene Flächenangebote durch kostengünstige Bauweisen im Neubau und Bestand zu planen, die dennoch einem städtebaulichen und architektonischen Anspruch und Qualität gerecht werden.
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Projekt-Ergebnisse
↑1. Preis
1. Preis: COIDO, Hamburg
Die Leitidee einer postindustriellen Collage, die aus der Gegenüberstellung von Alt und Neu, der Inszenierung der alten Kranbahntrassen und der Revitalisierung kleinerer Bauten wie des Turbinenhauses lebt, wird positiv gewürdigt. Insgesamt wurden sechs Bausteine definiert: Kesselschmiede, Quartiershalle, Hammerschiede, Turbinenhöfe, die ‚Lok‘ und das Wohnen im Kesselpark. Innerhalb dieser Bereiche konnten in der 2. Phase Art, Umfang und Qualität der Neubaueingriffe weiter ausdifferenziert und qualifiziert werden. Die allgemeinen und individuellen Hinweise aus der 1. Phase wurden insgesamt gut berücksichtigt und eingearbeitet. Die Gesamtnutzfläche wurde dadurch unter Beibehalt der in der 1. Phase bereits erreichten städtebaulichen Qualitäten deutlich und sinnvoll erhöht (Kesselschmiede: Ausbau von Flächen im 1. OG / Hammerschmiede: Südseite der Halle R1 S0 neues 8-geschossiges Gebäude für eine Stadtteilbibliothek und Wohnen / Wohnen am Kesselpark: höhere Gebäudegrundflächen und Gebäudevolumen). Insgesamt schaffen es die Verfasser, die im Gegensatz zur ersten Phase deutlich größere Verdichtung, ohne die Ausbildung von Hochpunkten im Bestand zu erreichen. Höhere und damit investitionsintensive Gebäude beschränkten sich auf zwei 8- bzw. 10- geschossigen Neubauten im Bereich Wohnungsbau. So gelingt es, auf lange Sicht ein Ensemble zu schaffen, dessen Erscheinungsbild auch phasenweise unter den aktuell absehbaren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen realisiert werden kann.
Die unterschiedlichen Zugänge zum Gelände bzw. die Vernetzung mit der Umgebung werden teils kontrovers diskutiert. Der neue Durchbruch an der Brandaustraße an der Südwestecke der
Kesselschmiede funktioniert zusammen mit der Ausbildung der Handwerkergasse und dem angelagerten Mobilityhub sehr gut. Die im Gegensatz zur 1. Phase grundsätzlich geänderte Ausformulierung des Moblityhubs gegenüber der Kesselschmiede (R5 S1) und der Quartiershalle (R10) hat stadträumlich deutlich an Qualität gewonnen, ebenso sind die zwei klar definierten Einfahrten in die Kranbahnpassage (R5 S4) und in die Schau-Passage (R5 S9) nachvollziehbar und im Zusammenhang mit der inneren Erschließung der unterschiedlich schaltbaren Nutzungseinheiten der Kesselschmiede sinnvoll angelegt. Die Zugänge an der Wolfhager Straße, die im Zusammenhang mit der städtebaulichen Platzierung und architektonischen Ausdifferenzierung des Baukörpers ‚Die Lok‘ formuliert wurden, müssten hingegen präzisiert werden, insbesondere im Zusammenhang mit der Gesamtkubatur und im Gegenüber mit der nördlich anschließenden Wohnbebauung. Weder Lage noch Raumqualität des Durchgangs im Bereich der Kranbahn überzeugen, auch nicht die Eingangssituation
am ehemaligen Pförtnerhäuschen. ‚Die Lok‘ endet hier abrupt mit einer prominent von der Wolfhager Straße sichtbaren, nicht ausreichend gestalteten Giebelwand, hinter der sich die Erschließung befindet. Insgesamt ist die Höhe des Baukörpers und die Motivation zur Ausbildung der Sheddachstrukturen zu prüfen, samt den Raumqualitäten bzw. Belichtung der sehr tiefen Einzelappartements in Laubengangerschließung in den Obergeschossen der Ostseite der ‚Lok‘.
Das Wohnen im Kesselpark hat in der Ausbildung der eng aneinander gerückten Wohnbaukörper entlang eines gemeinsamen Erschließungsweges ebenfalls gewonnen; zusammen mit dem
8-geschossigen Neubau im Süden von R1 S0 macht die Platzierung von beiden Mobilityhubs auch für das Wohnen Sinn. Die Qualität der Grundrisse im Bereich Kesselschmiede überzeugt durch ihre mögliche Teilbarkeit auch in größere Einheiten sowie eine gute Belichtung über die beiden Passagen und die Werkhöfe. Die Lichthöfe innerhalb der einzelnen Gewerbeeinheiten, die sich quer über zwei Schiffe erstrecken und diese in einen neuen Sinnzusammenhang setzen, werden allerdings in Bezug auf ihre räumliche Wirkung hinterfragt. Ein Bezug zwischen den alten, längsgerichteten und den neuen zweigeschossigen Räumen fehlt. Ähnlich verhält es sich im Bereich der Hammerschmiede (R1 S6/7). Auch hier ist die Ausformulierung der architektonischen Eingriffe rund um den neu platzierten Innenhof noch nicht überzeugend. Neben den Innenhöfen ist auch die architektonische Qualität und Sinnhaftigkeit der Eingriffe in die Dachstrukturen teils schwer nachvollziehbar, beispielsweise die durchgängige Perforierung der westlichen Dachseite der Quartiershalle mit Oberlichtern.
Der Entwurf verspricht trotz erhöhten Bauvolumens einen vergleichsweise hohen Grün- und Freiraumanteil, die Frage nach einer eingriffsarmen Positionierung und Erschließung der östlichen Wohnbebauung ist gut beantwortet. Die ‚Lok‘ schafft eine klare Grenze mit einer dahinter geschützten Freiraumsituation, die Museen an ihrem neuen Ort hingegen öffnen sich dadurch umso mehr nach außen. Im Kern wird eine aktive Freiraumnutzung und eine Interaktion von Freiraum und Gebäude durch die angebotenen Gebäudedurchquerungen und Erdgeschossnutzungen unterstützt. Die Freiraumstruktur in der Nord-Süd-Durchquerung ist klar und überzeugend, der Freiraum im Südwesten ist nach Überarbeitung des Baukörpers (Garage) gestärkt. Dem Freiraumkonzept liegen einige bedarfsgerechte und differenzierte Nutzungsüberlegungen zugrunde. Eine Entwicklung der Gleise als Grünraum würde die Freiraumstruktur weiter unterstützten, das Konzept kommt jedoch auch ohne sie aus. Das Konzept erlaubt eine klimafreundliche Weiterentwicklung.
Stellungnahme Denkmalschutz
Positiv zu bewerten ist, dass der Entwurf ohne dominierende Hochpunkte auskommt. Dennoch wirken die Eingriffe in die historische Substanz vorrangig nutzungsorientiert und weniger in
Rücksichtnahme auf den Denkmalwert.
Hammerschmiede R1:
Das vollständige Entfernen der Dachhaut und der Fassade am Schiff 1 wird kritisiert und wäre zu überprüfen und zu begründen.
Kesselschmiede R5:
Positiv ist der vollständige Substanzerhalt der Dachtragwerke. Der Entwurf kommt ohne Hinzufügung von ergänzenden Kubaturen oder Hochpunkten aus. Allerdings sind die Eingriffe in die
inneren und äußeren Fassaden sehr umfangreich; sie müssten auf das Nötigste für die Belichtung, Belüftung und Erschließung reduziert werden. Durch den Einbau von zweiten Geschossebenen und Schottwänden wird die Wahrnehmung der ursprünglichen Ausdehnung der Schiffe (Inneneindruck) geschmälert. Der Entwurf hat eher geringe Möglichkeiten zur nachträglichen Veränderung der Nutzungseinheiten.
R10 + R11:
Die massiven Eingriffe in die Dachstruktur müssten in der weiteren Bearbeitung deutlich reduziert und begründet werden. Die Eingangssituation bei R11 muss unbedingt erhalten werden.
Denkmäler im Freiraum:
Die Ergänzung eines neuen Hochpunktes im südlichen Bereich der R1, anstelle einer ehemaligen Drehscheibe, die wichtig für das Verständnis der Produktionsgeschichte ist, wird in ihrer
Anordnung negativ gesehen. Es müsste der weitere Umgang hierzu mit dem Denkmalschutz erörtert werden (Aufständerung o.ä.). Im Weiteren werden durch den Neubau historische Sichtbeziehung beeinträchtigt. Der Mobility-Hub überbaut unzulässigerweise die Gleise. Der Teilerhalt von KR 2 ist unbedingt zu ermöglichen. Der Erhalt des Trafohauses wird positiv gesehen.
Die ‚Lok‘ im Bereich der Wolfhager Straße sollte aus Denkmalschutzsicht noch einmal überdacht werden, denn das Volumen erscheint zu groß. Die Erlebbarkeit der Kranbahn sollte deutlich hervorgehoben werden.
Insgesamt überzeugt die Arbeit in ihrer grundlegenden Haltung und Herangehensweise. Diese zeigt sich in einer klugen Zonierung sowie Nutzungsverteilung, die eine energetisch nachvollziehbare Sanierung Light und insgesamt eine robuste, machbare und phasenweise Revitalisierung des Geländes erwarten lässt.
↑2. Preis
2. Preis: CITYFÖRSTER architeture+urbanism, Hannover | urbanegestalt, Köln
Die übergeordnete Leitidee der „produktiven Stadt“ wird durch das vorgeschlagene städtebauliche und freiraumplanerische Konzept erreicht. Die zu erfüllenden Flächenanforderungen werden
im Wesentlichen durch die Setzung von Hochpunkten in Form von Neubauten innerhalb des Quartiers generiert. Durch die Öffnung des Areals und Sichtbarmachung u.a. durch die Hochpunkte
kann nach Realisierung von außen eine deutlich bessere Wahrnehmbarkeit und Identität des Areals entstehen. Die allgemeinen und individuellen Hinweise aus der 1. Phase wurden gut berücksichtigt und eingearbeitet.
Das Grundkonzept wird im Bereich der Kesselschmiede durch Neuorganisation der Grundrisse und Abläufe überarbeitet. Das städtebauliche Gesamtkonzept sieht an der Ostspitze ein Parkhaus
vor. Aufgrund der Erschließung der Garage über die Mombachstraße gelingt es, dass nur notwendige Verkehre ins Quartier gelangen. Städtebaulich entsteht jedoch ein „verschenkter“ Ort in direkter Anbindung zum grünen Freiraum des Biotops. Die neben dem Parkhaus befindlichen Wohngebäude erscheinen in ihrer Dimensionierung wenig standortangemessen. Die beispielhafte architektonische Qualität der neu hinzugefügten Baukörper erscheint dem
Standort angemessen und gelungen. Die vorgeschlagene Wohnbebauung an der Wolfhager Straße wird ambivalent betrachtet. Einerseits wird durch die neue Typologie versucht, dem Ort
eine besondere Individualität zu geben und zwischen den unterschiedlichen Baustrukturen auf dem Henschel-Areal und an der Wolfhager Straße zu vermitteln. Anderseits haben die vorgeschlagenen
Baukörper weder etwas mit der Typologie des Henschel-Areals noch mit der gegenüberliegenden Bebauung zu tun. Die Funktionalität des Entwurfes ist erkennbar und auch in Abschnitten denkbar. Die Adress- und Identitätsbildung ist an ausreichend vielen Stellen gut gelöst. Besonders hervorzuheben ist das Hauptentree an der Wolfhager Straße mit der vorgeschlagenen Freitreppe, einem von der Wolfhager Straße direkt zugänglichen Gebäude und den interessanten Einblicken in das neue Quartier.
Aufwand und Angemessenheit der Konstruktion der neuen Baukörper erscheinen sehr aufwändig. Damit erscheint die Realisierung des Entwurfes nur dann möglich, wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen positiv verändern. Speziell der auf einen „Tisch“ aufgeständerte Hochpunkt, der städtebaulich sehr gut platziert und ausgebildet ist, erscheint vom Aufwand her kaum realisierbar. Betont wird die interessante Abfolge von Freiraumsituationen, die durch die Gebäude entlang der Wolfhager Straße geschaffen wird und die mit der Wolfhager Straße interagieren, ihrer entsprechend aber auch ausgesetzt sind. Der Entwurf setzt im Kern auf eine sehr urbane Freiraumstruktur
in die grünen Elemente eingefügt werden.
Ein grünes Band öffnet das Quartier zur alten Bahntrasse, die als Gleispark gedacht wird. Dieses Band funktioniert allerdings auch nur unter Hinzuziehung und Entwicklung dieser Flächen, die
praktisch nicht zur Verfügung stehen. Die Freiraumsituation im Osten gewinnt durch die veränderte Erschließung der Garage, durch die veränderten Bauvolumina nicht. Der „Endpunkt“ des lebendigen Quartiers wird weiter nach
Westen verlegt, dahinter verbleibt die Tiefgarage mit einem nun trotz Durchwegung weiter etwas undefiniertem Freiraum.
Stellungnahme Denkmalschutz
Hammerschmiede R1:
Die Setzung des Hochpunktes wird auf Grund der Höhe und dem Volumen störend wahrgenommen. Der Hochpunkt dominiert das gesamte Areal. Positiv hervorzuheben ist das Box-in- Boxsystem in den Hallen de R1 S2 bis S6. Ein umfangreicher Rückbau des Schiffes 7 der Hammerschmiede trägt zur Erlebbarkeit der zurzeit verstellten Fassade des Schiffes 6 (Curt von Brocke) bei.
Kesselschmiede R5:
Im Zuge der Überarbeitung wurden die mehrgeschossigen Einbauten in die Hallen der Kesselschmiede in Längsrichtung der Hallen gedreht. Dies wird von Seiten des Denkmalschutzes positiv wahrgenommen. Wie schon in der 1. Phase geht mit dem Eingriff ein hoher Substanzverlust in die Dachtragstruktur einher. Die Eingriffe in der R5 sind allerdings laut der Kategorisierung der Vorprüfung von Seiten des Denkmalschutzes vorstellbar. Positiv zu bewerten ist das innere
Erschließungssystem. Somit können Eingriffe in die Fassaden vor allem in der Brandaustraße verringert werden. Die differenzierte geschossweise Unterteilung der einzelnen Nutzungseinheiten bewahrt den inneren Raumeindruck der ehemaligen Hallen im Zusammenhang mit den geschaffenen Lichthöfen und Querstraßen. Nachträgliche Variabilität der Größe der Nutzungseinheiten ist wegen des Erschließungssystems immer möglich. Die neuen Eingriffe in die inneren sowie äußeren Fassaden der Hallen der R5 müssten auf das absolut notwendige Maß (was Belichtung, Belüftung und Erschließung betrifft) reduziert werden.
R6+R7+R8:
Der Neubau eines Torgebäudes trägt zur Integrität der geschlossenen Fassadenreihung der Brandaustraße bei. Der Teilabbruch bis auf das Tragwerk für die neue Durchwegung ist positiv zu bewerten, gleiches gilt für die Rekonstruktion der ursprünglichen Höhe des Wasserturms von R8.
Denkmäler im Freiraum:
Der Erhalt des historischen Freiraums, der in gleicher Weise wie die Gebäude selbst die Produktionsabläufe bezeugt, ist positiv zu bewerten. Dies wird ermöglicht durch geschickte Setzung einzelner Gebäudekörper entlang der Wolfhager Straße und Platzierung von Neubauten auf ursprünglich bebauten Flächen.
Das sensible und qualitätvolle Konzept kann insbesondere durch die grundsätzliche Ausbildung der Wohnbauten an der Wolfshager Straße, den gelungenen Zugang zum Quartier und die gute Erschließung der Hallen sehr überzeugen. Durch die Setzung der Hochpunkte liegt hier ein Problem für eine baldigen Realisierung, denn es erscheint kaum möglich, ohne Neubauten zu beginnen.
↑Qualifiziert für die 2. Phase
Qualifiziert für die 2. Phase: Cityförster, Hannover
Die Leitidee der Arbeit 1003 ist ein „produktives Stück Stadt“ zu schaffen, ein Stück Stadt im menschlichen Maßstab. Dem gut lesbaren und in den industriellen Maßstab gut eingebetteten Entwurf ist anzusehen, dass die angedachten Atmosphären und Adressbildungen gut zum Ort passen könnten und dass Kassel einen Ort von besonderen, neuen Qualitäten bekommen würde.
Die Nutzungsideen, -verteilungen und -zuordnungen sind inhaltlich gut nachvollziehbar, scheinen realisierbar und versprechen ein gutes Stadtleben im zukünftigen Henschel Areal.Das Fachgremium hebt als besonders positiv hervor:
• Die Öffnung des Areals zur Umgebung über zwei neue Zugänge mit einladender Geste in die Umgebung
• die lebendige Mitte rund um den Kranbahnpark
• die Shared spaces ohne MIV
• den Umgang mit PKWs und die Verortung der Garagen im Areal
• Lage, Anzahl und Nutzung der Neubauten
• die phasenweise Realisierbarkeit
• das Maß der baulichen Nutzung / die gewählte städtebauliche Dichte
• das Mitdenken von Wasser und Retentionsflächen
Grundsätzlich wird positiv bewertet, dass die Kesselschmiede R5 als Produktionsschmiede mit Durchquerungen in beiden Richtungen wie ein „Stück Stadt in der Stadt“ verstanden wird. Das Fachgremium kann sich sehr gut vorstellen, wie hier verschiedene Nutzende aus Produktion und Handwerk mit der Öffentlichkeit zusammenkommen. Die Produktionseinheiten sollten flexibel für kleine, aber auch große Einheiten zusammen zu schalten sein. Ob und wie die Einheiten als eingestellte Haus-in-Haus-Lösung gedacht sind, ist im nächsten Schritt genauer darzustellen. Wichtig bei der weiteren Grundrissausarbeitung ist, dass die querenden Öffnungen an richtiger Stelle, in richtigen Proportionen und in Abstimmung mit dem Denkmalschutz gewählt werden und der historische Charakter der Hallen erlebbar bleibt. Die Anzahl und Höhe der eingestellten Neubauten sollten hierbei reduziert und die Lage und Breite der Querung optimiert werden. Für die Öffnung der Fassaden zur Brandaustraße ist ein Maß zu wählen, das gut mit dem Denkmalschutz vereinbar ist. Das Fachgremium bewertet positiv, dass die Garage in die Produktschmiede integriert wird und dadurch PKWs nicht in das Areal fahren. Positiv wird bewertet, dass in der Vorbereitungshalle R10 keinerlei Aufstockung oder Anbau vorgesehen ist und dass die „Halle für Alle(s)“ im Wesentlichen so bestehen bleibt, wie sie ist. Auch die Nutzugsvorschläge soziale Infrastruktur, Gastro etc. sind gut vorstellbar. In der Ideenschmiede der Hammerschiede R1 wird das Box-In-Box-Konzept gelobt, ebenso die Verortung des Museums mit angrenzendem Freiraum, dem „Freilichtmuseum“. Die Aufstockung dagegen wirkt willkürlich und ist für das Fachgremium nicht direkt nachvollziehbar. Die Sinnhaftigkeit und Erforderlichkeit sind vor Allem aus wirtschaftlicher Perspektive zu prüfen, ebenso die Aufstockung auf R1 S7. Es wird positiv bewertet, dass im Süden, an der Stelle der historischen Drehscheibe, ein gut nutzbarer Freiraum entsteht. Das Nutzungscluster und die Zugänge zur Kreativzentrale und den Neubau „Urbane Produktion“ R6-R8 sind stimmig. An dieser Stelle einen Neubau für Labore und andere Gewerbeflächen vorzusehen, wird als sehr sinnvoll und städtebaulich gut eingebunden bewertet. Die Wohnungsneubauten an der Wolfshager Straße sind gut platziert. Das Fachgremium hebt die eigenständige Haltung und die differenzierten Setzungen hervor: Jeder Baukörper bezieht sich auf eine Gegebenheit im Bestand, wie z. B. auf Schienen oder auf eine Raumkante. Wichtig ist, dass zwischen ihnen gute Zwischenräume mit differenzierten Außenraumqualitäten entstehen und die Anordnung auch von der Straße aus schlüssig ist. Der Hochpunkt Wohnen im Osten wird einerseits als gut gelungene Fassung und optischer Endpunkt des Areals gesehen. Die Konzepte für die Spitze im Osten werden kontrovers diskutiert. Hier erkennt das Fachgremium noch viel Überarbeitungspotential. Einerseits wird das Konzept,die östliche Spitze des Areals als Biotop bzw. Grünfläche zu belassen, begrüßt, andererseits wird die Garage hier kritisch gesehen. In der Überarbeitung müssen die Qualität und der Mehrwert für Wohnen stärker ausgearbeitet werden.Die Anbindung an die Spitze für zu Fuß Gehende und Radfahrende ist wichtig. Interessant findet das Fachgremium die Idee der Garagenzufahrt von der Mombachstraße. Inwiefern das durch
den Hang hindurch realisierbar ist, muss im Folgenden geprüft werden. Ebenso sollte die Anordnung
der Baukörper hier bzw. die optische Einbindung / ggf. landschaftsplanerische Einbettung des Garagengebäudes weiterentwickelt werden.Im Umgang mit dem denkmalgeschützten Bestand ist positiv zu bewerten, dass im Bereich der R1 der Raumeindruck durch das Einstellen von Boxen bewahrt werden kann. Durch das Einrücken
der Neubaukuben in der R5 bleibt die ursprüngliche Silhouette erhalten. Die Neubauten orientieren sich weitestgehend an der historischen Struktur und nehmen Bezüge auf. Raumeindrücke
bleiben erhalten. Positiv ist die Herausstellung der momentan umbauten Kranbahn im
Bereich der R7.
Im Bereich der R1, im Übergang von Schiff 6 und 7 sollte die Herausarbeitung der ehem. Außenfassadevon S6 gemäß Aufgabenbeschreibung geprüft werden. Der Hochpunkt in der R1 S0 ist vorstellbar, aber aus denkmalpflegerischer Sicht verzichtbar. Die Eingriffe in die denkmalgeschützte Substanz sind grundsätzlich auf das Notwendigste zu reduzieren. Gerade im Bereich der R5 ist darauf zu achten, dass Durchbrüche in den Außenwänden und imInneren reduziert werden. Wenige Öffnungen in Außenwänden sind denkbar, beispielsweise im Bereich von Blindfenstern, sofern die ursprüngliche Gestaltung ablesbar bleibt (keine vollständige
Öffnung des Blindfensters). Eine Reduktion der eingestellten Gebäude ist wünschenswert.Es ist zu prüfen, ob die Einfahrt in die Schiffe 2, 3 oder 4 verlegt werden kann, da die Fassade des Schiffes 6 vollständig im Bestand erhalten ist. Es ist darzulegen, wie tatsächlich die Kranbahn in dem Neubau Richtung Wolfhager Straße endet / verläuft.Der Entwurf präsentiert ein schlüssiges Freiraumkonzept im übergeordneten Freiraumverbund und ein überzeugendes Zusammenspiel von Architektur und Freiraum, die eine hohe fußläufige Erlebbarkeit und Aufenthaltsqualität des Quartiers versprechen. Die weitgehende Freihaltung vom MIV wird begrü.t und der Versuch positiv bewertet, den ruhenden externen Verkehr aus dem Quartiersgeschehen zu separieren. Deutliche Fragen wirft nichtsdestotrotz die Erschließung durch die Böschung auf; hier ist der Eingriff in den vegetativen Bestand deutlicher herauszuarbeiten und zu begrenzen oder anderweitig zu lösen. Zugleich wird hinterfragt, inwieweit eine Quartiersgarage als östlichstes Bauwerk die Möglichkeit eines Abschlussakzentes in Verbindung mit der Anknüpfung an die bestehende Grünfläche, die wichtiger Bestandteil eines Grünverbundes ist, verschenkt und so den Anspruch des Gleisparks (der begrüßt wird) konterkariert. Grundsätzlich vertritt die Stadt Kassel auch die Auffassung, dass Natur in der Stadt immer auch – sei es einen beschauenden oder einen aktiv nutzenden – Mehr- und Erlebniswert für die Menschen haben sollte. Gefragt wird auch, inwieweit das Gebäude in Nachbarschaft zum Kleinen Kranbahnpark diesen nicht zu eng fasst einzwängt. Insgesamt kann die Arbeit überzeugen. Mit wenigen Eingriffen in den Bestand, einer guten Vernetzung mit dem Quartier und innerhalb des Areals und mit gut platzierten Ergänzungsbauten können viele Ziele des Wettbewerbs bereits in dieser Stufe erreicht werden. Die weitere Bearbeitung und Vertiefung lässt ein tragfähiges und attraktives Konzept für diesen innerstädtischen Standort erwarten.
Qualifiziert für die 2. Phase: COIDO, Hamburg
Die übergeordnete Leitidee der Arbeit 1005, mit möglichst wenig Interventionen und sanft ge-setzten neuen Nutzungen und Neubauten dem Gebiet unter Würdigung des Bestandes eine städtebauliche und freiraumplanerische Neuausrichtung im Sinne einer postindustriellen Colla-ge zu geben, ist gelungen. Die Qualität des Gesamtkonzepts zeichnet sich durch die in ihrer Dimensionierung ausgewogene Setzung der städtebaulichen Kubaturen aus. Die Nutzungen vertragen sich miteinander. Es macht sich positiv für das hier vorgeschlagene Konzept bemerk-bar, dass auf Hochpunkte verzichtet wurde. Aber insbesondere durch die durchweg nur einge-schossige Nutzung der Kesselschmiede R5 bietet der Entwurf insgesamt erheblich zu wenig Fläche. In der weiteren Bearbeitung sind die vorgegebenen Flächenansätze gemäß Aufgaben-beschreibung nachzuweisen.
Die städtebauliche Einbindung von der Brandaustraße ist angemessen und gut gelöst, die südli-che Öffnung an der Brandaustraße wird begrüßt. Die städtebauliche Fassung durch die sieben-geschossige „Lok“ ist passend gesetzt, wird aber kontrovers diskutiert. Die Schaffung des neu-en Eingangs gibt dem Gebiet einen neuen Auftakt und Anschluss.
Die architektonische Qualität ist aus dem vorgeschlagenen Städtebau noch nicht ablesbar, von den gewählten Dimensionierungen aber offen für unterschiedliche Ausprägungen und stellt auf die Wahrung der Bestände ab. Die Qualität der potenziellen Neubauten ist bei der Überarbei-tung nachzuweisen. Die Öffnung der Dächer in der Vorbereitungshalle R10 wird kritisch betrach-tet, hier sind die Geschossigkeiten und die Nutzungen bei der inneren Erschließung zu überar-beiten.
Das städtebauliche Bild und die Erschließungsvorschläge zu den Beständen ermöglichen auf gutem Wege die Adressbildung. Die Funktionalität der äußeren und inneren Erschließung ent-spricht gut der Aufgabenstellung. Die Nutzungsverteilung und Zuordnung der Nutzungen auf dem Grundstück sind gelungen. Die vorgeschlagenen öffentlichen Flächen und Freiräume sind insbesondere unter der Würdigung der Setzung der Bestände, aber auch unter Integration der Neubauten gelungen; es werden stadtgestalterisch ansprechende Platzsituationen geschaffen.
Die gebietsinterne Erschließung als Ringlösung mit Setzung einer neuen Zufahrt an der Wolfha-ger Straße ist nachvollziehbar, die Integration von zwei Mobility-Hubs grundsätzlich richtig. Die Funktionalität der neuen Anbindung an die Wolfhager Straße ist aber nochmal zu überprüfen, ebenso die Vorrangigkeit der Verkehre, unterschieden nach gewerblichen und Wohnbereichen. Ein Wegfall der südlichen Verbindung erscheint denkbar (ggf. kein Loop), aber südlich der „Lok“ sollte kein Lieferverkehr stattfinden.
Die Idee, die vorgeschlagenen Wohnnutzungen mit der vorhandenen Qualität der Freifläche im Osten zu verbinden, wird grundsätzlich begrüßt. Die fünf Solitäre werden eher als Stempel oder Signet verstanden. Hier ist zu prüfen, ob durch höhere und / oder weniger Gebäude die Idee des Wohnens im Parks und die Qualitäten des Freiraums besser gelöst werden kann.
Im Umgang mit dem denkmalgeschützten Bestand ist grundsätzlich positiv zu bewerten, dass der Entwurf mit relativ geringen Eingriffen in die Substanz auskommt. Der Raumeindruck wird in vielen Schiffen durch die geringen Ein- und Aufbauten gewahrt. Die Anordnung der Passage in der R1 führt dazu, dass die Fassade von Schiff 2 freigestellt wird.
Die Position des Mobilitätsstandortes in der R1 wird für das Schiff 6 als wenig geeignet angese-hen. Hier ist gemäß Aufgabenstellung auch ein alternativer Standort zu prüfen. Zudem sollte die Herausarbeitung der ehem. Außenfassade von S6 gemäß Aufgabenbeschreibung geprüft werden. Im Bereich der R5 und R1 sind über den Innenhöfen die Tragwerke zu erhalten. Öffnun-gen in der Außenfassade sind auf das Nötigste zu reduzieren. Die Außenwand des Schiffes 9 (R5) sollte erhalten werden, gleiches gilt für die im Bestand vorhandene Terrassenstruktur im Au-ßenraum, die durch die neue Zufahrt eventuell bedroht sein könnte. Öffnungen in Außenwänden sind alternativ denkbar, beispielsweise im Bereich von Blindfenstern, sofern die ursprüngliche Gestaltung ablesbar bleibt (keine vollständige Öffnung des Blindfensters). Der Mobilitätshub im Süden sollte sich mehr an der historischen Ursprungsbebauung ausrichten. Allgemein sollte die vorhandene und historische Infrastruktur im Außenraum stärker berücksichtigt werden.
Das Freiraumkonzept erscheint kreativ und überlegt, es überzeugt in Gestalt und in Nutzung und trägt wesentlich zur Quartiersbildung bei. Spezifische Platzsituationen werden ausgebildet, Nutzungspotenziale (Skaten, Basketball) werden gut erkannt und integriert. Andere erscheinen etwas beliebig, tragen wenig zur Quartiersbildung bei und sind wohl besser in umliegenden Freiräumen zu verorten (z.B. urban gardening). Hier wird eine Schärfung / Verschlankung nahe-gelegt.
Die Bebauung entlang der Wolfhager Straße wird förderlich für die Raumbildung betrachtet. Positiv bewertet wird zudem die (lärm-)abschirmende Wirkung Richtung Wolfhager Straße. Die locker in einen weiterentwickelten Grünbestand eingewachsene Wohnbebauung im östlichen Bereich wirkt ansprechend. Gleichzeig bleiben Fragen, inwieweit sie zunächst in den Vegetati-onsbestand, insbesondere im Bereich der Böschung, erheblich eingreift und inwieweit das ge-zeichnete Bild durch zusätzliche Gebäudenebenflächen letztlich so realisierbar ist. Die Gebäu-destellung sollte überdacht werden, ggf. Anzahl und Höhe der Punktgebäude, auch im Sinne des Klimaschutzes. Im Sinne der Fußläufigkeit des Quartiers und damit der Freiraumerlebbar-keit sollte geprüft werden, die Erschließung der Quartiersgarage im Süden für quartiersexterne Parkverkehr ausschließlich über die Brandaustraße zu regeln.
Der Entwurf hat große Stärken und überzeugt mit der Leichtigkeit der Anordnung, dem Verzicht auf Hochpunkte und dem schönen Auftritt an der Wolfhager Straße. In der weiteren Bearbeitung muss aber belegt werden, dass er auch bei einer Fläche mindestens von 125.000 Quadratmeter BGF konzeptionell und in seiner Gesamtidee funktioniert.
↑1. Phase – 2. Rundgang
1. Phase – 2. Rundgang: ADEPT, Kopenhagen, DK
Die Arbeit 1002 verfolgt als Leitidee den Gedanken einer schrittweisen und prozesshaften Umgestaltung des Geländes. Im Fokus steht der aus denkmalpflegerischer Sicht positive, fast vollständige Beibehalt der äußeren Kubaturen des Gebäudebestands. In der Konsequenz werden dem Bestand städtebaulich Neubauten gegenübergestellt. Drei davon werden als Hochpunkte ausgebildet, wovon einer der Adressbildung im nördlichen Bereich der Vorbereitungshalle dient. Weitere Ergänzungsbauten sowie gut platzierte, dazwischenliegende Zugänge entlang der Wolfshagener Straße vervollständigen das Bild. Der positiven Setzung der Neubauten zum Bestand auf dem Areal stehen allerdings fehlende Bezüge der Neubaukörper zur Umgebung gegenüber. Zudem sind die Gebäudeproportionen wie auch die Bezüge zum Pförtnerhaus schwer nachvollziehbar. Die Setzung des zweiten Hochpunkts im Osten markiert im positiven Sinn eine Trennung der Nutzungen zur anschließenden Grünzone. Kontrovers diskutiert wird hier die Mischung von sozialer Infrastruktur, Wohnen und Hochgarage. Die mittig dazwischenliegende Hochgarage reduziert die Raumqualitäten u.a. der unteren Etagen. Im Zusammenspiel mit dem Bestand können letztendlich weder Einzelbauten noch die Hochpunkte ganz überzeugen. Der Aufwand für mehrgeschossigen Gewerbebau, der Eingriff in die Bausubstanz der Vorbereitungshalle und auch die Überbauung des Bereichs der ehemaligen Drehscheibe südlich von R1/S0 überzeugen nicht wirklich, auch wenn die Verkehrserschließung allgemein und die Idee der Zugänglichkeiten und der Adressbildung zur Wolfhager Straße positiv bewertet werden.
Das Fachgremium hebt als positiv auch die längsweise Öffnung der Hallen der Kesselschmiede R5 mit der Schaffung neuer Erschließungssituationen über die Passagen in S9 und S4 hervor, samt guter Zuwegung und Anlieferungsmöglichkeiten über S6 und der zentralen Garage in S7.Ebenso denkmalpflegerisch positiv bewertet wird die Generierung von Flächen innerhalb der Bestandstrukturen durch Einbauten und Geschossunterteilung.
Die starke Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes der Vorbereitungshalle R10 wird trotz Wahrung des Inneren Raumeindrucks kontrovers diskutiert. Erhebliche Eingriffe in die Tragstruktur im Verhältnis zur Nutzung und die städtebauliche Setzung werden unterschiedlich beurteilt. Im Bereich der Hammerschiede R1 wird der Museumsgarten im Bereich R1/S1 samt Freilegung der Fassade R1/S0 unter Erhalt der Dachstruktur positiv anerkannt. Insgesamt wird der respektvolle Umgang mit dem Denkmal mit gesamtheitlich wenige Eingriffen in den Bestand gewürdigt. Der Entwurf verfolgt viele gute Ansätze, die einen soliden Städtebau begründen, indem auf die die Ist-Situation reagiert wird und Additionsmöglichkeiten für eine zukunftsorientierte, sukzessive Entwicklung geschaffen werden. Er kann allerdings in der Gesamtheit nicht überzeugen.
1. Phase – 2. Rundgang: ASTOC, Köln
Zentrum des Entwurfs 1006 steht die Entwicklung von drei Bereichen, Kesselschmiede,
Hammerschmiede und Neubau im Osten, die jeweils für sich als Großbaukörper mit innenliegenden Höfen ausgestaltet sind. Im Mittelpunkt des sie umgebenden Freiraums steht die alte Vorbereitungshalle. Ergänzt werden die drei Bereiche durch die Setzung von drei Hochpunkteen, die positiv und für eine sukzessive Entwicklung des Areals geeignet erscheinen. Insbesondere der Hochpunkt an der Wolfhager Straße als Dreh- und Angelpunkt ist nachvollziehbar. Der östliche Hochpunkt wird an diesem Standort als zu hoch eingeschätzt. Auch der davorliegende „Kassler Block“ wird kontrovers diskutiert. Hier steht der guten Fassung der Grundstücksgrenzen im Osten eine für Kassel ortsuntypische Typologie gegenüber. Im Zusammenspiel mit dem angrenzenden Hochhaus stellt sich die Frage, welche der beiden Typologien letztendlich ortsbestimmend sein sollen, auch unter Beachtung des Verlusts an Freiraumflächen im Osten.
Die Erschließung des Geländes über die bisherige Zufahrt an der Wolfshagener Straße in Verbindung mit einer für vielfältige Verkehre nutzbaren Werksgasse zwischen Kesselschmiede und Vorbereitungshalle wird positiv bewertet, samt Platzierung der beiden Mobility Hubs auf dem Gelände. Aus denkmalpflegerischer Sicht kritisch ist die Vielzahl der Zugänge über die Brandaustraße. Diese werden der geschichtlichen Bedeutung der Fassadenfront dort nicht gerecht.
Freiraumplanerisch positiv ist die mit dem Verkehrskonzept einhergehende, klare Haltung zwischen versiegelten und entsiegelten Flächen, auch wenn durch das große Neubauvolumen im Osten kein freiraumplanerischer Gewinn zu verzeichnen ist. Der Umgang mit den Hallen der Kesselschmiede R5 ist im Grundsatz gut gelöst. Die historische Kubatur bleibt ohne Aufbauten oder darüberhinausgehende Gebäudeteile erhalten. Die Entfernung
der Dachhaut in den Schiffen R5/S3, R5/S6 und R5/S9, zur Erhöhung der Qualität für Durchwegungen, ist als Maßnahme nachvollziehbar, in ihrem Ausmaß jedoch nicht begründet. Ebenso wird die Erforderlichkeit der Vielzahl und Größe von Öffnungen in der Fassade der Brandaustraße hinterfragt und denkmalfachlich negativ bewertet. Auch die gestaffelte Aufstockung der Vorbereitungshalle R10 wird als architektonisch und denkmalpflegerisch fragwürdig beurteilt und zudem als unwirtschaftlich bewertet. Die Notwendigkeit der Aufstockung ist bei der insgesamt großen Geschossflächenzahl des Projekts nicht gegeben, der Entwurf würde auch ohne die Aufstockung funktionieren Positiv beurteilt wird im Bereich der Hammerschiede, dass hier keine größeren Eingriffe in die Hallenkubaturen vorgenommen werden. Nicht nachvollziehbar ist der Umgang mit dem vor den Hallen R1/S4-6 liegenden Querschiff, das als Teil des neuen Mobility Hubs an dieser Stelle die mögliche Freilegung der Fassaden der dahinterliegenden Hallen, als Zeugnis der Architektur
des Architekten von Brocke, verhindert. Insgesamt überzeugt die Arbeit in ihrer klaren Herangehensweise. Sie kann aber insbesondere durch die großflächige und typologisch nicht nachvollziehbare Überbauung der Vorbereitungshalle wie durch den nicht ortstypischen „Kassler Block“, die damit verbundene Verdichtung und den Verlust an Freiraumflächen in ihrer Gesamtheit nicht überzeugen.
1. Phase – 2. Rundgang: MVRDV, Zürich, CH
Die Arbeit 1001 beschreibt im Norden des Grundstücks einen städtischen und im Süden und Osten einen grünen Raum, deren Ausformulierungen aber noch nicht klar erkennbar und her-ausgearbeitet sind.
Schlicht und konsequent behält der Entwurf den Bestand bei und ergänzt diesen um Neubau-körper als Solitäre. Neben der Setzung des Hochpunktes im Osten am topografischen Tiefpunkt des Geländes wird die Platzierung von großen Volumen in der Nähe von Denkmälern – Aufsto-ckung der R7 – aufgrund der Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes allerdings als weni-ger gelungen beurteilt.
Die pragmatische Haltung des Entwurfs zur räumlichen Trennung von Gewerbe und Wohnen wird im Verständnis des gemischten Quartiers kontrovers diskutiert.
Die Bündelung des Verkehrs im Norden über die Haupterschließung an der Wolfhager Straße und die Verteilung über die zentrale Verteilerstraße (MIV) zu den Hochgaragen (R10, R1 S0+S1, S6) bzw. über die Produktionsstraße (Lieferverkehr) werden vom Fachgremium befürwortet. Der Ansatz, den ruhenden externen und internen Verkehr in 3 Hochgaragen zu verorten, wird als Lösung für ungeeignet erachtet und hinsichtlich der schlechten Flächeneffizienz kritisch bewer-tet.
Besonders positiv wird die reversible Box in Box Lösung hervorgehoben. Der hohe Grad an Nut-zungsflexibilität und der sensible Umgang mit dem Bestand können aus denkmalfachlicher und wirtschaftlicher Sicht überzeugen.
Die geringfügigen Eingriffe in die Kesselschmiede R5, die mit den Denkmalvorgaben korres-pondieren und eine hohe Erlebbarkeit der Halleninnräume begünstigen, lassen einen behutsa-men Umgang mit dem Denkmal erkennen.
Demgegenüber kann die massive Aufstockung der Vorbereitungshalle R10 nicht nachvollzogen werden. Grundsätzlich wird das Ziel der Aufstockung – die Bildung eines Herzstücks – durchaus positiv gesehen. Die Verdopplung der Kubatur zur Schaffung von Büroflächen über die Zielvor-gaben hinaus bedingt aber neben Eingriffen in die Substanz vor allem auch eine erhebliche Ver-änderung des äußeren Erscheinungsbildes und wird sowohl aus denkmalpflegerischen, nut-zungsbezogenen, wirtschaftlichen und klimatischen Aspekten besonders kritisch gesehen.
Die Verortung der Hochgarage in Schiff 6 der Hammerschmiede R1 stellt eine kritische Nutzung für das Denkmal dar. Vielmehr sollte das Zeugnis der Architektur des Architekten von Brocke an dieser Stelle erlebbar gemacht werden.
Insgesamt wird das Konzept mit seiner pragmatischen Grundhaltung und den interessanten freistehenden Neubauten geschätzt; insbesondere die Einbauten und Aufbauten von Kessel-schmiede und Vorbereitungshalle aber können nicht überzeugen.
1. Phase – 2. Rundgang: ROBERTNEUN™️, Berlin
Die Arbeit 1004 ist durch einen soliden Städtebau mit hoher Dichte gekennzeichnet. Sie gene-riert mit über 173.000 m2 Geschossfläche die größte Nutzfläche. Dies gelingt insbesondere durch den Rückbau aller zur Disposition gestellten Gebäude der Kategorie 4, der deutlichen Addition von Neubaukörpern auf dem gesamten Henschel Areal mit bis zu 14 Geschossen.
Die Kesselschmiede R5 ermöglicht durch die Öffnung der Schiffe 9 „Kessel-Passage“, 6 „Werk-hof“ und 3 „Gartenhalle“ als Passagen Durchwegungen von der Brandaustraße auf das Henschel Areal. Die Aufstockungen in den Schiffen 2 und 8 brechen die historische Kubatur auf und wer-den kritisch diskutiert. Vor allem die giebelseitige 14-geschossige Aufstockung in S 8 wird als problematisch beurteilt. Sie wird aus denkmalfachlicher Sicht das Erscheinungsbild der Kessel-schmiede stark verändern und aus wirtschaftlicher Perspektive aufgrund von Aufwand und zu erwartenden Nutzungskonflikten – Gewerbe und Wohnen – als nicht realisierbar bewertet.
Die Vorbereitungshalle R10 erscheint von außen nahezu unangetastet und wird in Teilen durch Einbauten im Inneren ergänzt. Neubauten im Norden und Süden flankieren die R10 und fassen den Raum gut.
Die Hammerschmiede R1 nimmt in den Schiffen 2 und 3 sinnvoll die Museen mit angrenzen-dem, bis auf die Tragstruktur zurückgebauten und öffentlich durchwegbaren Museumsgarten auf, sowie Angebote der Nahversorgung, der sozialen Infrastruktur und eine Hochgarage. Die Anbindung der Hochgarage wirkt jedoch eng, verwinkelt und nicht zu Ende gedacht. Der volu-minöse Neubaukörper „Stelzenhaus“ am Schiff 0 wird abgelehnt, wobei die Idee einer Aufstel-zung zur Erlebbarmachung schutzwürdiger Freiraumstrukturen denkmalschutzfachlich durchaus interessant ist.
Grundsätzlich wird das Erschließungskonzept kritisch betrachtet, da Nutzungskonkurrenzen zwischen den Verkehrs- und den Freiflächen entstehen und sich vor allem in einer Qualitäts-minderung der Freiflächen zwischen R1 und den Neubauten entlang der Wolfhager Straße wi-derspiegeln.
Die Wohnungsneubauten entlang der Wolfhager Straße orientieren sich in ihrer städtebaulichen Setzung an den Hallen der R10 und R1. Sie entwickeln sowohl nach Süden als auch nach Nor-den zur Bestandsbebauung eine klare und nachvollziehbare Haltung. Positiv wird zudem die Verortung der Wohnnutzung im Osten mit Bezug zum Wäldchen bewertet. Der voluminöse Hochpunkt wird in seiner Ausformulierung und Höhe jedoch in Frage gestellt. Ihm fehlt es an Relation zum angrenzenden Freiraum und scheint diesen nahezu zu erdrücken. Die Gebäude-tiefen der Wohnbaukörper sind problematisch.
Im Großen und Ganzen verfolgt die Arbeit einen nachvollziehbaren Ansatz, der eine stufenweise Entwicklung und Realteilbarkeit berücksichtigt. Das große Volumen der Neubauten erscheint für diesen Standort allerdings nicht angemessen.
↑1. Phase – 1. Rundgang
1. Phase – 1. Rundgang: Henning Larsen, Kopenhagen, Berlin
Die Arbeit 1007 legt der Konzeptfindung eine übergeordnete Betrachtung zugrunde und sticht durch eine architektonisch detaillierte Ausarbeitung hervor, die anerkannt wird. Den Städtebau, der Funktionalität und der Realisierbarkeit betreffend stellt das Fachgremium jedoch Defizite und Einschränkungen fest, die eine mögliche Weiterentwicklung des Entwurfs konterkarieren.
Die Grundannahmen der Leitidee scheinen auf einem Erfahrungshorizont aus anderen Projek-ten bzw. Standorten zu basieren, ohne erkennbaren Bezug zum Henschel Areal, zum unmittel-baren Umfeld und zu der Stadt Kassel fehlt. Der sehr kreative Umgang mit dem Bestand kann in der Menge, der Varianz und der Intensität dem Standort nicht gerecht werden.
Trotz eines positiven Umgangs mit der R7 wird der Entwurf aus denkmalpflegerischer Sicht sehr kritisch gesehen, da eine eingehend ortsbezogene Auseinandersetzung mit dem Kultur-denkmal des Henschel Areals nicht erkannt wird. Neue Typologien, die sich sowohl im Neubau als auch im Bestand (u.a. Aufstockungen in Vorbereitungshalle R10 und Hammerschmiede R1) finden und einer Verzahnung von Alt und Neu dienen sollen, können nicht überzeugen.
Ein Zugewinn an Flächen wird insbesondere durch Neubauten und Aufstockungen generiert, wobei die Neuaufteilung der Nutzungen als sehr konfliktbehaftet bewertet wird. Warum auf eine überwiegende Verortung von Wohnangeboten in den Neubaukörpern verzichtet wird und diese vor allem in den Aufstockungen und Einbauten im Bestand angesiedelt werden, ist nicht nachvollziehbar (s. Aufgabenbeschreibung Abs. 225 „Wohnnutzungen sind typologisch als einfa-cher Geschosswohnungsbau für die Vermietung im Neubau zu planen“). Aus Sicht des Fachgre-miums wird dadurch vielmehr ein konfligierender Nutzungsmix vor allem in der Kesselschmie-de R5 hervorgebracht, der erhöhte architektonische und wirtschaftliche Anforderungen an die Realisierung zur Folge haben würde und zusätzliche planungs- und brandschutztechnische so-wie statische Fragestellungen aufwirft.
Insgesamt erscheint die Arbeit zu dicht mit zu viel Neubebauung bei gleichzeitig sehr weitge-hender und komplexer Überformung des Bestands.