CTB | Central Tower Berlin
Im Jahr 2020 hat das Land Berlin das Hochhausleitbild beschlossen und damit den strategischen Rahmen für den Umgang mit Hochhausvorhaben gesetzt. Das Grundstück Central Tower Berlin, als eine der letzten unbebauten zentralen Flächen in der Nähe von Alexanderplatz und Spree, erfüllt alle notwendigen Kriterien für eine Hochhausentwicklung. Gemeinsam mit dem Bezirk Mitte und dem Land Berlin wird unter Beteiligung namhafter nationaler und internationaler Architekturbüros ein konkurrierendes Workshopverfahren für dieses hervorragend erschlossene Grundstück vorbereitet. Welche Funktionen, welche Form, welche Gestaltung und welche Höhe bieten eine angemessene städtebauliche, architektonische und zeitgemäße nachhaltige Lösung und Mehrwerte für die vielfältigen Bedürfnisse der Stadtgesellschaft?
Das Grundstück befindet sich in einer Kette von Hochpunkten entlang der Spree in direkter Nähe zum historischen Zentrum, dem Alexanderplatz und in Verbindung zum Spreeufer, zur Bebauung des II. Bauabschnitts der Karl-Marx-Allee und dem Bahnviadukt. Damit bietet es das Potential für eine Bebauung mit herausragenden Qualitäten und stadtbildprägender Wirkung. Eine verantwortungsvolle Nachhaltigkeit und ein sparsamer Ressourcenverbrauch in allen Belangen von Städtebau und Architektur, in Errichtung wie im Betrieb sind zentrale Anforderungen an das zu entwickelnde neue Konzept.
Die Ausloberin HB Reavis ist ein innovativer europäischer Entwickler und Betreiber für zukunftsweisende Büroflächen. Ziel des Projektes ist die Entwicklung eines modernen, nachhaltigen Hochhauses mit einem Schwerpunkt auf flexiblen, gesunden Arbeitsplätzen und ergänzende Angebote für Nutzer, Besucher und die Nachbarschaft.
Verfahren
In einem zweistufigen Verfahren werden städtebauliche Lösungen gesucht, die
- sich aktiv mit der Zentralität des Ortes und den Bedürfnissen und städtebaulichen Strukturen der Umgebung auseinandersetzen
- Nachhaltigkeitsziele für ein Gebäude definieren, die auch noch 2030 wegweisend sind
- Vorschläge und Orte für ergänzende Nutzungen definieren und zu einer lebendigen und inklusiven Urbanität beitragen
- eine nachvollziehbare und unverwechselbare architektonische Antwort liefern
- innovative Antworten für Bautechnik, Konstruktion und TGA liefern um Nachhaltigkeit & Effizienz und Reduktion von CO2 in der Errichtung und im Betrieb umzusetzen
Für das Verfahren sind in der Summe ca. 170.000 € für Aufwandsentschädigungen und Preisgelder vorgesehen. Unter Berücksichtigung der Empfehlung der Jury beabsichtigt die Ausloberin einen der Preisträger mit den Planungen für die Realisierung LP 4 zu beauftragen.
Teilnehmende
- 3XN, London/Kopenhagen/Stockholm
- Allmann Wappner, München
- ARROW, Kopenhagen/Dublin/Warschau
- BIG, Kopenhagen
- Code Unique, Dresden/D
- De Zwarte Hond, Groningen, Rotterdam/Niederlande; Köln/Deutschland
- Dorte Mandrup, Kopenhagen
- Gewers & Pudewill, Berlin/D
- Kleihues + Kleihues Architekten, Berlin/D
- Müller Reimann, Berlin/D
- PLP/Architecture, London, Tokyo und Singapore
- Woods Bagot, Adelaide, AUS/London/GB
Preisgericht
Jurymitglieder
Sachverständige
Stellvertretende Jurymitglieder
Projekt-Ergebnisse
↑2. Preis
2. Preis: Dorte Mandrup, Kopenhagen
Die Setzung des im Grundriß quadratischen Turms parallel zur Hochbahn an der Westseite des Grundstücks spielt auf dem Sockel auf drei Seiten recht großzügige Dachterrassen für eine öffentliche Nutzung frei. Die gegenüber der Alexanderstraße gedrehte Anordnung mildert die Beeinträchtigungen der Wohnhochhäuser im Osten, führt aber im Norden zu einer deutlichen Verschattung des gegenüberliegenden Grundstücks an der Schicklerstraße. Die Ausbildung der Krone mit freigestellten Vertikalen in den oberen sechs Geschossen ist eine denkbare Interpretation der Vorgabe, hat aber den Nachteil das Volumen des Baukörpers bis zur obersten Traufe unverändert zu lassen.
Die großzügige Öffnung des Sockels mit einer an allen vier Seiten fast durchgängig umlaufenden Kolonnade und mit großzügigen, teils mehrgeschossigen Innenräumen inszeniert das Angebot öffentlicher Nutzungen wirkungsvoll, beeinträchtigt aber natürlich die Flächeneffizienz. Richtigerweise werden die Terrassen auf dem Sockel mit einem eigenen, gesonderten Aufzugskern erschlossen. Nach außen hin tragen in den Darstellungen größere Bäume auf den Terrassen maßgeblich zum intendierten Bild bei der Nachweis zu deren Realisierbarkeit (z.T. im 8. Obergeschoß) ist aber noch nicht erbracht.
Die Organisation der Grundrisse in den Regelgeschossen mit dem leicht asymmetrisch angeord- neten Kern ist prinzipiell gut. Die Tiefe der Fassaden und auch die Ausbildung der Krone belasten aber die Flächeneffizienz.
Die vorgeschlagene Ausbildung der Fassaden mit (Recycling-)Ziegeln im Sockel und mit einer Terracotta-Bekleidung im Turm ist in ihren Bezügen zu Berliner Vorbildern schlüssig. Dies ist ein tragender Aspekt des Entwurfs, auch wenn kritisch angemerkt wird, daß Nachhaltigkeit als gestalterisches Thema keine Rolle zu spielen scheint. Technisch und wirtschaftlich wären diese Fassaden allerdings nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand zu realisieren.
In der hier vorgelegten Form ist der Vorschlag daher (noch) nicht glaubwürdig.
2. Preis: Müller Reimann, Berlin/D
Das Hochhaus wird in diesem Projekt konsequent auf die Südostecke des Grundstücks gesetzt. Das hat den Vorteil, daß die Beeinträchtigung des an der Schicklerstraße im Norden gegenüberliegenden Grundstücks hier am geringsten ist. Dem steht der Nachteil einer relativ langen und hohen Fassadenfläche zur Alexanderstraße gegenüber. Die Anordnung würde eine großzügige, attraktiv nach Westen orientierte Terrasse eröffnen, die im vorgestellten Konzept allerdings durch ein zusätzliches zweigeschossiges Bauteil unnötig verkleinert wird. Die Interpretation des oberen Abschlusses mit einem deutlich verkleinerten Grundriß auf den obersten fünf Geschos- sen ist überzeugend; das Haus so nach Süden hin mit seiner Schmalseite in der vollen Höhe zur Ansicht zu bringen, wird aber durchaus kontrovers diskutiert.
Nicht zuletzt wird dadurch der an dieser Stelle richtig situierte Hauptzugeng vermutlich einer erheblichen Windbelastung ausgesetzt sein. Die Erschließung mit einem separaten Zugang und eigenen Aufzügen zu den öffentlichen Bereichen des Sockels ist funktional schlüssig. Allerdings tritt das Haus mit repräsentativem Foyer und mit seiner relativ hermetischen Außenwirkung eher wie eine Konzernverwaltung und nicht wie ein vielfältig genutztes, der Öffentlichkeit zugewandtes Haus auf. Auch, daß die gesamte Nordwestecke an der Dircksenstraße durch die großzügig dimensionierte Servicezone besetzt wird, ist in dieser Hinsicht ein Nachteil.
Die Nutzbarkeit der Büroflächen in den Regelgeschossen ist prinzipiell gut; gewisse Einschränkungen für offenere Bürokonzepte ergeben sich durch die nur ca. 7m tiefen Bereiche auf beiden Seiten des Kerns. Die Konstruktion ist effizient; die Einsatzmöglichkeiten alternativer, vorgefertigter Konstruktionssysteme wird durch die schiefwinkligen Grundrisse der Regelgeschosse allerdings eingeschränkt.
Das vorgeschlagene Fassadenprinzip mit raumhohen Verglasungen und plastischen, relativ breiten vertikalen Elementen, die für Photovoltaik und die Raumlüftung genutzt werden sollen, erscheint in technischer Hinsicht schlüssig. Für die Qualität der Innenräume (sehr breite Pfeiler) und auch wegen ihrer eher abweisenden äußeren Wirkung werden die Fassaden aber eher kritisch gesehen.
↑2. Phase – 3. Rundgang
2. Phase – 3. Rundgang: Allmann Wappner, München
Die vorgeschlagene Volumetrie folgt dem Perimeter des nahezu vollflächig überbauten Grund- stücks und wird dann in verschiedenen Höhen jeweils an zwei Seiten zurückgestaffelt. Damit werden durchaus überzeugend Bezüge zu den unterschiedlichen Gebäudehöhen der Nachbarschaft gesucht. Allerdings ergibt sich so auch eine im Vergleich große Beeinträchtigung des nördlichen Nachbarn. Die geforderte ‚Krone‘ wird nicht als besonderes Element artikuliert, aber gleichwohl schlüssig aus dem architektonischen Konzept entwickelt; das geht allerdings mit einer relativ hohen Grundfläche der obersten Geschosse auch zu Lasten der angestrebten Schlankheit und hält die Vorgabe des obersten Regelgeschosses bei 95m nicht ein.
Eine einladende Wirkung des Hauses soll durch die zweischichtige Fassade erreicht werden, wo Treppen auch den direkten Zugang auf höhergelegene Ebenen ermöglichen sollen. Das kann nicht vollständig überzeugen; es fehlt zudem eine großzügigere, frei zugängliche Freifläche im Sockelbereich. Der angestrebte 30%-Anteil von Nicht-Büro-Nutzungen ist nicht nachvollziehbar.
Dem Konzept entsprechend ergeben sich in den unteren Ebenen vergleichsweise tiefe, weniger effiziente Nutzflächen. Die zahlreichen Rückstaffelungen der Fassaden jeweils um halbe Achsen bedingen einen zusätzlichen Aufwand im Tragwerk.
Insgesamt wird eine relativ hohe Geschoßfläche vorgeschlagen, die allseitig umlaufenden Bal- kone auf allen Ebenen erhöhen das Volumen zusätzlich. Gerade dank der Balkone gelingt aber eine trotz des Volumens fast filigrane Erscheinung des Gebäudes. Dabei wird der nachhaltige Anspruch durch die PV-Elemente in den Brüstungen auch in der Fassade thematisiert.
↑2. Phase – 2. Rundgang
2. Phase – 2. Rundgang: ARROW, Kopenhagen/Dublin/Warschau
Der Vorschlag, das aufgehende Hochhaus als Scheibe an die Nordseite zu stellen, eröffnet nach Süden zur Spree hin im 5. und 6. Obergeschoß sehr attraktive, großzügige Terrassen. In ihrer zeichenhaften Wirkung wird diese Anordnung dem Anspruch der Bauherrschaft an ein öffentlich gedachtes Haus in besonderer Weise gerecht. Allerdings wird dieser Vorteil mit einer erheblichen Beeinträchtigung des nördlichen Nachbargrundstücks erkauft, die auch durch das Freihalten der nordöstlichen Grundstücksecke nur unwesentlich gemildert wird. Nicht überzeugend ist die Ausbildung des oberen Abschlusses; Terrassen hinter durchlaufenden Fassaden werden nicht als artikulierter oberer Abschluß des Baukörpers im Sinne eine ‚Krone‘ gelesen; auch oberhalb von 95m werden weitere Regelgeschosse angeordnet.
Das Gebäude öffnet sich mit einer viergeschossigen, offenen Lobby (‚urban living room‘) einladend nach Südwesten. Das ist prinzipiell richtig, geht aber mit einer recht konventionellen Be- handlung der übrigen Fassaden im Sockel einher. Auch der Vorschlag von Co-working-Flächen (also von Büroflächen) an der öffentlichen Terrasse überzeugt noch nicht. Im Turm ergeben sich dank der moderaten Tiefe des Baukörpers gut nutzbare Flächen, auch wenn die Anordnung des Kernes zu prüfen wäre.
Das konstruktive System im Turm ist gut umsetzbar, im Sockelbereich kommt es aber zu einigen Situationen mit recht großen Spannweiten und Lastverlagerungen. Die Gestalt der Fassaden wird aus den leicht schräg gestellten Solarpaneelen der Südfassade abgeleitet. Das ist nachvollziehbar, wird aber in seiner Wirkung kontrovers diskutiert. Insbesondere die ‚Öffnung‘ des Baukörpers an den Ecken, die unterschiedliche Gestaltung der verschiedenen Seiten und die deutliche Zäsur zwischen Sockel und Hochhaus werden kritisiert.
2. Phase – 2. Rundgang: De Zwarte Hond, Groningen, Rotterdam/Niederlande; Köln/Deutschland
Die Anordnung eines Hochhauses auf quadratischem Grundriß in der Nordwestecke des Grundstücks hält vergleichsweise große Terrassen auf dem Sockel frei, bedingt aber zugleich eine erhebliche Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks im Norden. Der obere Abschluß wird mit den freigestellten Fassadenelementen und der deutlich verkleinerten umbauten Grundfläche im Sinne einer ‚Krone‘ artikuliert, er beginnt allerdings erst bei einer Höhe von ca. 110m; die Fassade selbst wird in der vollen Ausdehnung sogar bis auf 119m geführt und überschreitet die Vorgaben somit deutlich.
Die Wirkung des Sockels mit der fünfgeschossigen(!) Passage ist durchaus einladend, allerdings wirkt die Geste deutlich überzogen, ein echter Bedarf für eine Passage im Sinne einer zusätzlichen Wegeverbindung besteht hier nicht. Die Nutzflächen in den Sockelgeschossen werden zudem durch die Passage sehr unglücklich getrennt. Leider fehlen öffentliche (von der Büroerschließung unabhängige) Zugänge zu den Terrassen auf dem Sockel; trotz der schönen Außenwirkung bleiben die Terrassen so den Nutzern der Büroflächen vorbehalten.
In den Regelgeschossen ergeben sich gut nutzbare Teilflächen, allerdings kann die angestrebte Ausnutzung nur durch eine deutliche Überschreitung der maximal zulässigen Gesamthöhe erreicht werden. Die Konstruktion mit einem außenliegenden Stahlbetonskelett ist sehr aufwendig, zudem werden Stützen nicht durchgängig in den Sockel geführt. Der hohe Glasflächenanteil beeinträchtigt die Bilanz zusätzlich.
Insgesamt erscheint die monumentale Bogenstruktur unangemessen, vor dem vollverglasten Haus wirkt die Fassade zudem wie nachträglich aufgesetzt. Auch eine schlüssige Entwicklung des Hochhauses aus dem fünfgeschossigen Sockel wird offensichtlich gar nicht erst versucht. So gelingt es nicht, das Programm eines zeitgemäßen, vielfältig genutzten Hochhauses in eine überzeugende architektonische Form zu bringen.