KSR | Wohnen am Kurt-Schumacher-Ring
Als eine der jüngsten Stadtneugründungen Europas des 20. Jahrhunderts wurde Wolfsburg ab 1938 nach dem Grundkonzept der „funktionalen Stadt“ entwickelt. Das respektvolle Miteinander von Bauten und Naturräumen spielt für die Stadtlandschaft Wolfsburg eine zentrale Rolle. Konsequent wurden zu allen Zeiten planerische Trends weiterentwickelt und neue Wege beschritten, angefangen bei den international bekannten Architekturikonen bis zum Prototyp des modernen Wohnquartiers.
Das Bild des Stadtteils Detmerode ist geprägt von lockerer Bebauung aus den 1960er-Jahren – durch Hochhäuser akzentuiert. Als Bauskulptur im Norden Detmerodes markiert bislang das Stufenhochhaus von Paul Baumgarten den südwestlichen Eingang in die Stadt Wolfsburg. Seinerzeit mit neuen Konstruktionsmethoden und unter Einsatz neuartiger Baustoffe errichtet, weist das Gebäude heute so grundsätzliche bautechnische und konstruktive Mängel auf, dass eine Sanierung nicht mehr möglich ist.
Der städtebaulichen Bedeutung des Gebäudes und ihrer Verantwortung gegenüber den Bewohnern gewahr sowie vor dem Hintergrund der anhaltend hohen Wohnungsnachfrage beabsichtigt die NEULAND Wohnungsgesellschaft mbH auf diesem Grundstück entlang des Kurt-Schumacher-Rings an städtebaulich bedeutsamer Stelle einen Ersatzneubau zu errichten, der komplett und auf Dauer im Bestand der NEULAND verbleiben soll. Das neu entstehende Projekt wird ca. 250 Wohnungen bieten, ein Anteil von 25% soll den Förderkriterien für öffentlich geförderten Wohnungsbau entsprechen.
Der Wettbewerb bietet die Möglichkeit die bisherige Funktion als städtebauliche Landmarke weiter zu führen und dabei eine der Stadteingangssituation entsprechende zeitgemäße architektonische Lösung zu finden. Der Neubau soll sich in das herausragende Ensemble der 1960er-Jahre integrieren und in besonderem Maße mit einem eigenständigen Charakter Optionen zur Identifikation mit dem Stadtteil Detmerode bieten.
Die neue Bebauung wird Nutzern jeden Alters entsprechen. Gefragt ist ein anpassbares zukunftsfähiges Wohnangebot, das sowohl die Bedürfnisse von Singles, Familien als auch von Senioren und mobilitätseingeschränkten Nutzern berücksichtigt. Ein Hauptfaktor für die weiter steigende Wohnungsnachfrage ist die Zunahme der Haushalte, die sich aus der sinkenden Anzahl von Personen pro Haushalt und dem parallel deutlich gestiegenen Wohnflächenbedarf pro Person ergibt. Darauf wird mit einem entsprechenden Zuschnitt der Wohnungen reagiert.
Die Entwicklung eines überzeugenden Konzeptes auf dem Wettbewerbsgebiet und die Auseinandersetzung mit seinen umgebenden Freiflächen innerhalb des städtebaulichen Kontextes sollen insbesondere in der 1. Wettbewerbsphase als grundlegende Entwurfsidee erarbeitet werden. In der 2. Wettbewerbsphase stehen die vertiefende Bearbeitung des architektonischen Konzepts und die Wohnungsqualitäten im Vordergrund.
Ziel des Wettbewerbes ist es, eine Wohnbebauung in kosten-, flächen,- und ressourcensparender Bauweise bei gleichzeitig hoher städtebaulicher und funktionaler Qualität zu entwickeln. Dabei ist das städtebauliche Grundkonzept von Detmerode in besonderem Maße zu berücksichtigen.
Teilnehmende
Preisgericht
Fachpreisrichter:innen
Sachpreisrichter:innen
Ständig anwesende stellvertretende Fachpreisrichter:innen
Stellvertretende Sachpreisrichter:innen
Projekt-Ergebnisse
↑2. Preis
2. Preis: Bayer und Strobel Architekten GbR, Kaiserslautern
Die Arbeit hat mit– im Vergleich zur ersten Phase – größeren Öffnungen der Höfe nach Osten an Qualitäten gewonnen. Es werden der Nutzung angemessene Höfe mit guter Identitätsbildung geschaffen – eine gute, für die Siedlungsstruktur Detmerodes neue Qualität. Inwieweit sich die Struktur in die Siedlung einfügt wird kritisch diskutiert. Die geforderte angemessene Zeichenhaftigkeit wird sowohl in der Baukörperkonfiguration als auch der Fassadengestaltung vermisst.
Die Erschließungen der Häuser und Wohnungen sind gut auffindbar, großzügig und hell. Die Laubengänge könnten noch weiter entwickelt werden. Es wird eine gute Durchmischung der Wohnungstypen großer Bandbreite vorgeschlagen. Die recht großen Baukörpertiefen führen zu einer höheren Wirtschaftlichkeit – bedingen aber zu einem hohen Anteil innenliegende Bäder – in den Bereichen der Laubengänge ist eine Belichtung über den Gang gewährleistet.
Der Wohnungsschlüssel ist auf Kosten des Anteils kleiner Wohnungen nicht ganz eingehalten. Die Grundstruktur der Grundrisse erscheint jedoch tragfähig und anpassbar.
2. Preis: Kappler Sedlak Architekten und Stadtplaner GmbH, Nürnberg
Der vorgeschlagene Baukörper bietet städtebaulich eine gute Antwort, fügt sich in die Siedlungsstruktur ein, formuliert gute Außenräume und setzt ein starkes, angemessenes Zeichen. Die gute Qualität der Außenräume wird bei Nachrüstung der fehlenden 45 Stellplätze leiden.
Der Wohnungsspiegel entspricht dem geforderten Programm. Die Erschließungen sind angemessen, die Durchgänge im EG werden begrüßt. Kleine Foyers in den Erdgeschossen bieten ein angenehmes Entree. Mit der Längsanordnung der Erschließungskerne stehen die Ostfassaden in großen Teilen jedoch nicht zur Belichtung der Wohnungen zur Verfügung, ein erheblicher Teil der Wohnungen ist damit nur einseitig nach Westen orientiert. Die Fassadengestaltung und Materialwahl wird als sehr aufwendig kontrovers diskutiert. Insbesondere erscheinen die verspiegelten Anteile für die Wohnnutzung kaum angemessen. Ebenso wird die Ausbildung von 2 horizontalen Einschnürungen des Hochhauses nicht durchweg als gelöst und überzeugend erachtet.
↑3. Preis
3. Preis: DFZ Architekten GmbH, Hamburg
Die klare städtebauliche Haltung der Baukörperanordnung und die prägnante Differenzierung der Fassaden der Arbeit werden begrüßt. Die Position des Hochpunktes im Süden folgt jedoch nicht der Grundstruktur Detmerodes und dominiert das Umfeld – es werden zum Teil Kontroll- und Verschattungswirkungen auf die angrenzenden Bereiche befürchtet. Der Baukörper bietet jedoch eine gute städtebauliche Gliederung der Räume und gewährt die geforderte Signifikanz. Das Konzept fügt sich gut in den Ort ein. Die Außenräume sind richtig differenziert und gestaltet mit Parken im Westen und Aufenthalt im Osten. Die gegebene Topografie wird geschickt genutzt – der Höhenversatz ist jedoch im EG- und KG-Grundriss nicht gelöst – es entstehen zu geringe Kopfhöhen im KG unter den Eingangsbereichen des EG – ein Fehler der als heilbar eingeschätzt wird. Die Differenztreppen in den Eingangsbereichen und den EG-Wohnungen widersprechen der geforderten Barrierefreiheit, die auch im Außenbereich nur teilweise gegeben ist.
Der Wohnungsschlüssel ist zu stark zugunsten der großen Wohnungen gewichtet. Die Grundrisse weisen aufgrund der großen Gebäudetiefe von ca. 17,50m große Dunkelzonen auf. Die Bäder liegen innen, die Küchen zu einem Großteil im offenen Wohnbereich weit hinter der Fassadenebene, die internen Erschließungen sind teilweise ungünstig.
↑4. Preis
4. Preis: Max Dudler, Berlin
Die Arbeit adaptiert und modifiziert den Städtebau Baumgartens und zeigt eine gewünschte Zeichenhaftigkeit. Eine Mittelachse gewährt gute Orientierung und Erschließung der 5 Baukörper. Mit Rücksprüngen der Baukörper im 6. OG wird die räumliche Wirkung der Mittelachse unterstrichen – die Versprünge werden jedoch als etwas schwach empfunden. Die Außenräume entsprechen mit Parken im Osten und Aufenthalt im Westen nicht der gegebenen Lärmbelastung und können in ihrer Gestaltung noch nicht überzeugen. Insbesondere die massive Anordnung der Stellplätze zum Kurt-Schumacher-Ring bietet keine einladende Geste und wird kritisch gesehen.
Die Erdgeschosse werden mit ausschließlich allgemeinen Abstellbereichen – Fahrräder, Müll etc. – als unattraktiv empfunden. Die Grundrissqualitäten werden teilweise kontrovers diskutiert. Sie bieten zwar offene, fließende Räume, die Wohnbereiche sind jedoch direkter Verteiler zu allen anderen Räume – auch WC/Bad. Die Belichtungssituationen in den inneren Bereichen der Wohnzonen erscheinen unbefriedigend. Nicht wenige Wohnungen haben mehr als ein Zimmer nur nach Norden ausgerichtet.
Die Fassadengestaltung wird als konstruktiv aufwendig und in ihrer seriellen Einheitlichkeit zum Teil kritisch beurteilt.
↑Anerkennung
Anerkennung: msm meyer schmitz-morkramer rhein GmbH, Köln
Die Arbeit zeigt einen sich am Stufenhochhaus orientierten Baukörper. Die skulpturale Ausbildung von vertikalen, verspringenden Fugen ist nicht aus der inneren Struktur begründet und wird als formal aufgefasst – sie kann nicht überzeugen. Anhand der Grundrissdarstellungen bleiben Fragen der Umsetzbarkeit dieses Ansatzes offen. Die Gliederung führt zudem zu langen, unattraktiven Stichgängen und einem hohen Anteil nur einseitig orientierter Wohnungen – Nachteile die durch die zu erwartende hohe Wirtschaftlichkeit aufgrund des kompakten Baukörpers nicht wettgemacht werden.
Die Außenräume sind richtig differenziert und zeigen hohe Qualitäten. Das Angebot eines Pavillons mit öffentlichen Einrichtungen geht über das Raumprogramm hinaus. Die Tiefgarage wäre auf ihre wirtschaftliche Machbarkeit zu überprüfen.
↑2. Phase – 2. Rundgang
2. Phase – 2. Rundgang: Guillermo Vázquez Consuegra Arquitect S.L.P, Sevilla
Mit 3 Punkthochhäusern bietet die Arbeit recht gut belichtete Wohnungsgrundrisse. Doch wird die stadträumliche Qualität des Konzeptes in Frage gestellt und in der Platzierung der Punkthäuser als eher Standort-unabhängig empfunden. Die Aufteilung der öffentlichen Räume ist grundsätzlich richtig – die städtebauliche Gliederung wirkt jedoch nicht schlüssig und lässt eine Definition von Räumen mit Aufenthaltsqualitäten vermissen. Die Türme setzen zwar sichtbare Zeichen, doch geben sie keine räumliche Struktur und Richtung.
Die inneren Erschließungen in den Geschossen sind eng und dunkel. Die Größen der Freisitze entsprechen zum Teil nicht den Wohnungsgrößen. Die Bäder sind durchweg innenliegend, die offenen Küchen sind nicht hinreichend gegliedert und prägen den Wohnbereich über ihre ganze Breite.
2. Phase – 2. Rundgang: Johannes Schneider Architekt BDA, Bremen
Wenngleich Detmerode wesentlich durch Zeilenstrukturen geprägt ist, wird keine angemessene städtebauliche Antwort in dieser Arbeit erkannt. Die Anordnung und besonders die Proportion der Baumassen führen zu scheibenartigen Baukörpern die unentschieden und letztendlich fremd wirken. Der räumliche Zusammenhang der Baukörper wird als zu schwach empfunden.
Die Wohnungen sind überwiegend nach Westen – zu den lauten Straßen – orientiert. Durch die an den Ostfassaden längs orientierten Erschließungsbereiche können die Ostseiten nur einem kleinen Teil der Wohnungen zur Verfügung stehen.