ZHD | Zech Haus Düsseldorf
Anlass und Ziel
An einer Schnitt- Bruch und Übergangstelle städtischer Nutzungen, naturräumlicher und städtebaulicher Strukturen befindet sich die Halbinsel Kesselstraße – einer der bedeutendsten städtebaulichen Potenzialflächen Düsseldorf.
Am südlichen Ende der Halbinsel bildet das Grundstück der Mercator III-Werke eine städtebauliche Engstelle in direkter Nachbarschaft des MedienHafens und des Wirtschaftshafen. Hier besteht das Potenzial eine bauliche Struktur zu stiften, die die beiden unterschiedlichen Nutzungen im Osten und Westen gleichzeitig trennt und zwischen Ihnen vermittelt. Die Lage zwischen Wasser im Norden und Gleisen der S-Bahn und des Güterverkehrs im Süden bieten ein weiteres Spannungsfeld, das zu den besonderen Standortqualitäten beiträgt.
Für die Halbinsel Kesselstraße wurde 2018/2019 ein Wettbewerb durchgeführt, um ein städtebauliches Konzept für die Entwicklung eines attraktiven Hafenquartiers zu finden, das Wettbewerbsergebnis bildet die Basis der städtebaulichen Grundordnung für die weitere Entwicklung. Ein Wettbewerb an dieser exponierten Stelle dieses identitätsstarken Ortes soll zu einem neuen Bürogebäude mit ca. 30.000 qm BGF führen.
Bis zu 16 Geschosse – ein weit sichtbares Gebäude mit Ausblick, als regionale Zentrale für einen stark expandierenden Mittelständler. Die öffentlichen Räume nehmen die geplanten Qualitäten der Halbinsel Kesselstraße auf und führen Sie zu einem schlüssigen Abschluss am Rand des Wirtschaftshafens. Der Charakter der Stadt und des Ortes definiert die Architektur für den Nutzer – mit Eigenlogik, identitätsstark und nachhaltig – ein neues Haus für Düsseldorf!
Verfahren
Das Verfahren wird als einphasiger Realisierungswettbewerb mit Zwischenkolloquium durchgeführt. Wegen der Besonderheit der Aufgabenstellung ist ein intensiver Meinungsaustausch mit den Teilnehmern nötig. Hierzu wird die Anonymität der Teilnehmer für ein Zwischenkolloquium und die Präsentation der Entwürfe aufgehoben.
Preisgericht
Fachpreisrichter:innen
Sachpreisrichter:innen
Ständig anwesende stellvertretende Fachpreisrichter:innen
Stellvertretende Sachpreisrichter:innen
Projekt-Ergebnisse
↑1. Preis
1. Preis: Cobe A/ S – Architektur, Landschaft und Städtebau, Kopenhagen, DK
Beurteilung des Preisgerichts
Die Verfasser haben einen städtebaulich ausgewogenen Ansatz für das Zech Haus im Düsseldorfer Hafen gewählt. Das Grundstück wird mit einem dreieckigen Sockel belegt. Jeweils im Osten und im Süden werden die Ecken zurückgeschnitten. Zudem werden alle Kanten mit einer leicht konkaven Ausformung versehen, was dazu führt, dass das Haus, die sich ergebenden Plätze fasst und rahmt. Der viergeschossige Sockel hat keinerlei Rückseiten und baut zu jeder Seite ein ansprechendes städtisches Bild auf, das der weiteren Entwicklung des Stadtraums dienen wird. Im Osten gibt es eine kleine Piazza, die den Haupteingang des Gebäudes markiert. Der sich im Süden ergebende Platz nimmt die Anlieferung und die Erschließung auf. Auf dem Sockel befindet sich eine 13 geschossige Hochhaus Scheibe, die mit ihrem Kopf in Richtung Hafen zeigt und an der westlichen Grenze des Sockels angeordnet ist. Auch das Hochhaus hat konkave Kanten und setzt sich mit einem leichten Schwung vom Sockel ab. Der Städtebau fügt sich sehr harmonisch, unaufgeregt und doch dynamisch in die Umgebung als auch in die Düsseldorfer Skyline ein.
Das Raumprogramm des Erdgeschosses sieht eine hybride Nutzung aus Lobby, einem Salon mit gastronomischer Nutzung zum Wasser hin, einer Brauerei nach Süden und Räumlichkeiten inklusive Bootslager für den Ruderclub vor. Gerade diese Verknüpfung von Nutzungen, die für den Ort angemessen und bespielbar erscheinen, wird in ihrer Ausformung besonders von der Jury gelobt. In den Obergeschossen sind Büroflächen, eine Eventfläche, die Aktivierung der Dachterrassen auf dem Sockel als auch eine Skybar mit Dachterrasse geplant. Zudem ist die Technik auf dem Hochhaus im Innern des obersten Geschosses integriert, so dass keine weiteren Dachaufbauten notwendig sind. Kontrovers wird in der Jury diskutiert, ob die Büroflächen zu wenig innovativ und zu sehr standardisiert sind.
In den Außenanlagen, sowie auf dem Dach des Sockels sind mehrere kleinteilige pavillonartige Baukörper mit Satteldächern angeordnet, die zwischen dem kleinen und großen Maßstab vermitteln. Zudem ist für den Kopf des Hafenbeckens eine breite Treppenanlage angedacht, die hinunter ins Wasser zu einem Ponton führt, der dem Ruderclub für seine Aktivitäten dient.
Für die Fassadengestaltung schlagen die Verfasser eine geschwungene Keramikfassade vor. Die Keramik soll lasiert und somit reflektierend sein. Das Bild des Segels wird als Analogie genannt. Die geometrische Lösung des Schwungs mit segmentierten Scheiben und einem Schwung in der opaken Fassade wird gelobt. Diskutiert wird jedoch, ob die Fassade für den Ort nicht zu gediegen und klassisch erscheint. Teile der Jury bemängeln auch das weiße Bild der Fassade. Zudem wird die Frage nach dem Verhältnis zwischen offenen und geschlossenen Flächen als auch nach einer stärkeren Unterscheidung zwischen den Fassaden der öffentlichen Räume im Erdgeschoss und der klassischen Bürofassade gestellt.
Zusammenfassend haben vor allem der sensible Umgang mit dem Städtebau als auch die intelligente Programmierung des Erdgeschosses im höchsten Maße überzeugt. Die Vermittlung zwischen dem kleinen und dem großen Maßstab hat etwas sehr Sympathisches, sowohl für den umliegenden Bereich als auch das Düsseldorfer Stadtbild als Ganzes.
↑2. Preis
2. Preis: ROBERTNEUN™ ARCHITEKTEN GMBH + Atelier Loidl Landschaftsarchitekten Berlin GmbH
Beurteilung des Preisgerichts
Die Arbeit zeigt einen überzeugenden Ansatz auf städtebaulicher, architektonischer sowie typologischer Ebene.
Nicht stadträumliche Kanten wurden gebildet, sondern zwei mächtige Körper positionieren sich souverän zueinander und zum Hafenbecken, offen zu ihrer unmittelbaren Umgebung. Darüber hinaus konnten innovative konstruktive und energetische Aspekte im architektonischen Ausdruck formuliert und vertieft werden. Dieser Ansatz entspricht sehr dem städtebaulichen Kontext zwischen Industrieanlagen, Hafennutzung und neuer Nutzungen des Medienhafens. Die Arbeit war nicht unumstritten und hat zu einer intensiven Diskussion geführt, denn der offenen Gestaltung des öffentlichen Raumes standen Bedenken des Unwirtlichen im weiten durchwindeten Raum gegenüber.
Die Ideen für die Nutzung der Freiräume wurden gewürdigt, gerade in Verbindung mit einer möglichen Nutzung der Erdgeschosszone beider Bauten. Die Typologie mit extrem tiefen Büros an zweigeschossigen Lufträumen ist wirklich innovativ, aber gerade in der Masse mit einem erheblichen Risiko belastet. Dabei nehmen die beiden inneren Kerne zu viel Raum ein und zerschneiden beim Hochhaus die inneren Büroflächen.
Die Ideen zum Hafenbecken haben in ihrer spröden Kargheit nicht überzeugt, erst recht nicht die Ideen zur Integration des Ruderclubs an der Stelle: zu kompliziert, zu teuer und zu wenig Aufenthaltsqualität und eigentlich nicht nutzbar, z. B. bei Hochwasserstand.
↑3. Preis
3. Preis: SeAarch | Amsterdam / NL
Beurteilung des Preisgerichts
Die Verfasser markieren den Hafenkopf mit einem architektonischen Statement. Auf das dreieckige Grundstück antwortet der Entwurf mit einem quadratischen Gebäudekubus. Ein „Zauberwürfel“, wie es der Entwurfstitel verspricht. Die Jury lobt die „Magic Qualities“ dieses „Magic Cubes“: Als klares, kompaktes Gebäudevolumen markiert der Zauberwürfel sehr gut das Ende des Hafenbeckens und den Übergang von Medien- zu Industriehafen. Er „sitzt“ sehr stimmig im Stadtbild, die kräftigen Proportionen passen gut zum eigenen Maßstab des Hafengebietes. Wie beim „Magic Cube“ teilen sich die 13 Geschosse in drei horizontale Schichten, die sich leicht zueinander verdrehen. Diese raffinierte Gliederung betont auf sehr angenehme Weise die unterschiedlichen Stadt-Richtungen und aus jeder Perspektive bietet sich ein anderes Bild. Auch auf dem Grundstück positioniert sich das Gebäude leicht verdreht und nicht exakt parallel zum Hafenbecken, wodurch sich spannende Freiräume ergeben. Der Entwurf überzeugt mit seinem wesentlichen Entwurfsgedanken: die „magische“ Verbindung von Gebäude und Landschaft. Der Zauberwürfel sitzt auf einem etwa 10 m hohen Sockel, von dem er in alle Richtungen ca. 8 m auskragt. So fließt die Landschaft um das Haus herum und in das Haus hinein. An seinen drei Ecken faltet und entfaltet sich die Landschaft: Richtung Medienhafen integriert ein grüner Hügel die Tiefgarageneinfahrt, die Südwestecke zeigt sich interessant für Skater und Jugendliche und im Hafenbecken setzt sich die terrassierte Topografie als Ruderclub fort. Der Entwurf sorgt ganz selbstverständlich und unaufgeregt für neue städtische Angebote. Auch im Inneren sind alle Geschosse durch ein großzügiges Atrium verbunden. Die Landschaft fließt so ins Haus, die „Lunge“ des Gebäudes kann sich mit öffentlichem Leben füllen, denn vom EG bis zur obersten Etage gibt es öffentliche Nutzungen wie Fitness, Restaurant, Skybar. Die Jury ist sich einig, dass dieser Innenraum und die Arbeitsflächen mit viel Grün, warmen Materialien, internen Sichtbeziehungen und mit mehrgeschossigen Fenstern in die Stadt hinein eine sehr hohe Raumqualität bieten.
Kritisch diskutiert wurden die vertikalen Fassadenlamellen, die sowohl den Blick von innen einschränken als auch aus der Ferne das Gebäude abweisend erscheinen lassen. Zudem scheint für das Preisgericht ein wirtschaftlicher Betrieb schwer vorstellbar. Insgesamt kam die Jury zu dem Ergebnis: Der Zauberwürfel ist ein sehr gelungenes, mutiges, architektonisches Statement. Mit seinem großzügigen Atrium und üppigen, öffentlichen Freiräumen im Inneren wäre er jedoch eher die passende Architektur für ein öffentliches Gebäude oder für die Hauptverwaltung einer großen Firma mit öffentlicher Präsenz. Man wünschte sich, der Zauberwürfel könnte in einem weiteren Hafenbecken seinen Zauber entfalten.
↑2. Rundgang
2. Rundgang: dfz Architekten
Beurteilung des Preisgerichts
Die Verfasser formulieren den Anspruch, das Baufeld an der Stirnseite des Hafenbeckens komplett zum Teil des übergeordneten Masterplans der Halbinsel Kesselstraße werden zu lassen. Diesem grundsätzlich denkbaren städtebaulichen Ansatz wird das Projekt jedoch nicht ganz gerecht, da die typologisch wichtigen Öffnungen der zusammen gesetzten Blöcke, die einen wichtigen Beitrag für die räumlich qualitative Entwicklung darstellen, hier nicht angeboten werden.
Vielmehr gliedert sich das Gebäudeensemble in ein U-förmiges niedriges Lofthaus und ein 18 geschossiges riegelförmiges Hochhaus. Beide Gebäudeteile sind an ihrer „Kontaktstelle“ über ein eingeschossiges Foyer verbunden, welches den Innenhof komplett vom Hafenbecken trennt.
Diese Gebäudefigur überzeugt die Jury in ihrer Haltung nicht. Darüber hinaus kann die in sich abgeschlossene zweiteilige Figur keine klare Adressbildung für das Zechhaus bieten.
Die Ausbildung von platzartigen Außenräumen durch das Abknicken des Lofthauses verschaffen diesem Gebäudeteil eine angenehme Länge und Proportion zur Holzstraße. Die Außenanlagen werden im Grundsatz gut gelöst, haben aber zu wenig Bindung zum Gebäude.
Die Arbeit ist sehr gut ausgearbeitet und weist gut nutzbare Bürogrundrisse auf. Die Materialisierung der beiden Gebäudeteile ist gut herausgearbeitet, wobei der gestockte Beton des Hochhauses in seiner Materialität und Formgebung dem Gebäude etwas zu Stereotypes geben. Insgesamt wird der grundsätzliche Ansatz der Integration in der Masterplan Kesselstraße anerkannt. Die Zweiteiligkeit des Gebäudeensembles hat an diesem besonderen Ort des Hafenkopfes aber zu wenig Kraft. Die architektonische Sprache erscheint dem Anspruch des Auslobers, ein öffentliches Haus zu schaffen, zu wenig spezifisch zu sein.
2. Rundgang: StructureLAB | Düsseldorf
Beurteilung des Preisgerichts
Die Gestaltung des städtebaulichen Ensembles zweier Baukörper mit Atrium ist nachvollziehbar. Der lineare Baukörper, der sich entlang der Holzstraße entwickelt, schützt zwar vor verkehrlichen Emissionen, schottet aber auch gleichsam ab und vermag keine überzeugende Raumsituation und Adresse zu formulieren.
So wird der großzügige Vorplatz, die eigentliche Adresse des Hauses, verborgen und ist schwer auffindbar. Die Qualität des öffentlichen Raumes an der Westseite des Ensembles wurde nicht weiterentwickelt.
Das Atrium wurde räumlich weiterbearbeitet, doch bilden die integrierten Elemente und die weitläufigen Flächen noch keine prägende räumliche Identität in dieser zentralen Position des Gebäudes aus. Die großmaßstäblichen drehbaren Glaselemente vermitteln zwar die klare Geste einer Öffnung zur Wasserseite, sind aber technisch aufwändig und in der Anzahl nicht angemessen.
Die öffentlichen Räume zum Flussbereich wurden intensiv gestaltet. Die Fülle von funktionalen und gestalterischen Ideen und Angeboten für verschiedene Nutzer*innen erzeugt zwar eine große Vielfalt und Varianz, die jedoch räumlich zu einem heterogenen Ausdruck führt. Die Gestaltung und Aufenthaltsqualität der Dachgärten auf verschiedenen Ebenen werden positiv bewertet.
Die gewählten Materialien der Fassaden und die durchgängig gleichen horizontalen Brüstungsbänder für beide Baukörper werden kritisch gesehen. Es lässt sich zwar eine Bindung der Baukörper zueinander ablesen, doch die Redundanz der gestalterischen Mittel erscheint auch auf Grund der unterschiedlichen Proportionen der Baukörper wenig schlüssig.
Die Jury stellt die sehr gute Durcharbeitung und hohen Qualitäten des Projektes heraus, doch vermag bestimmte gestalterische und konzeptionelle Entscheidungen nicht nachzuvollziehen.